1. Mai in Berlin:Randale in Kreuzberg

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In Kreuzberg ist es am 1. Mai auch in diesem Jahr wieder zu Ausschreitungen gekommen. Zum Teil vermummte Demonstranten griffen Polizisten an - mehrere Menschen wurden festgenommen.

Thorsten Denkler, Berlin

Die Flasche schlägt genau neben dem bulligen Polizisten ein. Der Mann bleibt regungslos. Selbst wenn die Flasche ihn getroffen hätte, außer einem "klonck!" hätte er wohl nichts davon mitbekommen.

In seinem gepolsterten Spezialanzug und dem Helm sieht er aus wie ein Raumfahrer in Grün. "Vorsicht, Flaschenwurf", warnt er trocken die umstehenden Menschen.

Gestern Nacht, dem 20. Jahrestag des ersten von Gewalttätigkeiten überschatteten 1. Mai in Kreuzberg, war es mal wieder sicherer, sich nicht in der Nähe von Polizisten aufzuhalten. Seit gegen 21:50 Uhr die ersten Steine und Flaschen flogen auf dem Kreuzberger "Myfest", sind die Polizisten zur Zielscheibe geworden.

Mehr als drei Stunden lieferten sich einige Dutzend Polizisten und schätzungsweise bis zu zweihundert randalewillige Autonome einen ungleichen Kampf, den die Polizei am Ende für sich entscheiden konnte.

Das Zentrum der Auseinandersetzung lag an einem gut 300 Meter langen Teilstück der Oranienstraße, zwischen Heinrichplatz und Skalitzer Straße. Erst brannten hier Mülleimer, dann ein Einkaufswagen, den die Randalierer offenbar mit Feuerwerkskörpern bestückt hatten.

Und immer wieder zerbarsten leere und volle Bierflaschen auf dem Asphalt, die von einzelnen Autonomen aus der Menschenmenge heraus auf die Polizisten geschleudert wurden.

Die Beamten ließen sich nicht provozieren. War ein Täter - ein Flaschenwerfer oder Brandstifter - ausgemacht, rannten bis zu zehn Polizisten auf ihn zu, nahmen ihn fest und führten ihn ab. Bis Mitternacht sind so 19 Randalierer aus dem Verkehr gezogen worden, berichtet ein Polizeisprecher.

Währenddessen spielte am Ende der Oranienstraße auf der Core-Tex-Bühne die Punk-Ska-Band "Rolando Random". Vor der Bühne tanzten die Leute. Weiter hinten prügelten sich andere mit der Polizei.

Die "Myfest"-Gänger ließen sich von dem Randale-Spektakel ebenso wenig beeindrucken wie die Polizisten. Gelassen bis ausgelassen feierten die Besucher die Musiker auf den insgesamt 18 Bühnen rund um Mariannen-, Heinrich-, Oranienplatz und Kottbusser Tor. Mehr als 10.000 Menschen haben das Fest besucht, das es einzig und allein deshalb gibt, weil die Kreuzberger von den alljährlichen Gewaltexzessen am 1. Mai genug hatten.

Ruhiger als im Vorjahr

Das Konzept geht auf. Schon 2006 waren weniger Übergriffe verzeichnet worden. Dieses Jahr waren die Randale auf wenige Stunden auf einen kurzen Straßenabschnitt beschränkt.

Am Nachmittag gab es noch zwei von Sicherheitskräften stark gesicherte Demonstrationen linker Gruppen mit mehr als 10.000 Teilnehmern. Sie verliefen friedlich.

Wenn es so weitergeht, könnte schon das nächste "Myfest" ohne Randale über die Bühne gehen. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht: Dieses Jahr blieb es nämlich trotz des von linken Gruppen scharf kritisierten G-8-Gipfels, der in wenigen Wochen in Heiligendamm stattfindet, und trotz des 20. Jahrestages relativ ruhig.

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