Zum Tod von Margot Werner:Ihre Stimme ist verstummt

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Sie kultivierte den Hang zum Glamour und zum großen Auftritt im glitzernden Paillettenschlauch: Nun ist die Primaballerina und Chanson-Sängerin Margot Werner mit 74 Jahren in München gestorben.

Eva-Elisabeth Fischer

Nun dieser spektakuläre, dieser rätselhafte Tod. Polizei und Staatsanwaltschaft haben bestätigt, dass die Tänzerin und Chanson-Sängerin Margot Werner in einer Münchner Klinik aus dem dritten Stockwerk gestürzt ist. Mehr weiß man noch nicht, nichts über Hintergründe oder eine Krankheit. 74 Jahre alt war sie, die Ballerinenjahre lagen schon gut drei Jahrzehnte zurück, auch gesungen hat sie nicht mehr.

Sängerin und Tänzerin Margot Werner ist tot. (Foto: dpa)

In den vergangenen Jahren war es also still um Margot Werner geworden, auch wenn sie es manchmal durchaus schrill liebte. Nur selten noch sah man die 1937 in Salzburg Geborene an der Seite ihres zweiten Mannes, des Tiroler Hoteliers Jochen Litt, in glitzernder Robe abgebildet, eine in die Jahre gekommene Klatschspaltenschönheit. Sie war der Typ Frau, auf den die Schwulen stehen, begabt mit einem Damenbass und kumpelhaftem Naturell, hochgewachsen, erst mit blonder, dann feuerroter Mähne, Balkenlidstrich mit Schmetterlingsschwung.

Sie kultivierte den Hang zum Glamour und zum großen Auftritt im glitzernden Paillettenschlauch, was ihr schon insofern nicht schwer fiel, als sie, wie man bei Tänzerinnen gern sagt, Beine hatte bis zum Hals. Und dann sang sie ja auch noch diesen Ohrwurm, bei dem die Leute mitklatschen konnten, mit seinem ebenso sehnsüchtigen wie anzüglichen Refrain: "So ein Mann/ So ein Mann/ Zieht mich unwahrscheinlich an . . ."

Bei ihrer zweiten Karriere hatte sie nicht die besten künstlerischen Berater. Sie blieb eine Marlene fürs Hausgemachte. Der Autor ihrer Biografie und zahlreicher ihrer Texte war der Boulevard-Feuilletonist Maurus Pacher.

Ihre große Zeit als Charaktertänzerin, in München zumal, fiel in die 1960er und 70er Jahre. Sie war eine Heinz-Rosen-Ballerina, brillierte in den Balletten des höchst empfindlichen, weil während des Dritten Reiches verfolgten Direktors des Balletts an der Bayerischen Staatsoper. 1959 wurde sie Solistin. Da war sie 22. Nicht nur als Typ war sie das krasse Pendant zur anderen Primaballerina des Opernballetts: Zwischen Konstanze Vernon, zierlich und klein und auch von der Aura her fürs klassische Repertoire prädestiniert, und Margot Werner loderte Zeit ihres beruflichen Lebens jene Konkurrenz, die man Ballerinen in Schundromanen gern andichtet.

Heinz Bosl, der legendäre, mit nur 28 Jahren viel zu früh gestorbene Balletttänzer, war der Werner nicht nur von der Statur her ebenbürtig, ein hochgewachsener Partner, der mit ihr über seine klassischen Rollen hinaus sich im moderneren Charakterfach erprobte. Vernon jedoch hat Bosl vor allem postum ganz und gar für sich requiriert - nicht zuletzt, da sie ihren Verein zur Förderung des Tänzernachwuchses Heinz-Bosl-Stiftung nannte. Unvergesslich, was Margot Werner für eine Darstellerin sein konnte, wenn sie in Cocteaus "La voix humaine" sich in Sehnsucht nach ihrer unerwiderten Liebe verzehrte. Da schmolz sie hin, die große Frau und war zum Weinen schön. Ihre Stimme ist nun verstummt.

© SZ vom 04.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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