Zuheir Takiyan:Zeitungsverkäufer Tag und Nacht

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Zuheir Takiyan arbeitete früher als Bauarbeiter und Kellner. (Foto: Sascha Kletzsch)

Streckt man Zuheir Takiyan, 57, die rechte Hand zur Begrüßung aus, gibt er einem seine linke. Die rechte Hand hat er im Krieg verloren. 1990 war das, in Kuwait. Takiyan war Soldat der irakischen Armee, im Namen von Saddam Hussein, dem Diktator, den er verachtet, und für den er trotzdem sein Leben riskiert hatte, riskieren musste. Sonst wäre er eingesperrt worden, vielleicht sogar gefoltert. Doch als die Kameraden in Kuwait anfingen, zu plündern und er mitmachen sollte, verweigerte Takiyan den Befehl. Die eigenen Leute verhafteten ihn. Er wurde gefoltert, unter anderem stiegen die Kameraden mit ihren schweren Stiefeln so oft und so heftig auf seine Hand, dass der Arzt nach Takiyans Rückkehr in den Irak sagte: Das wird nicht heilen, die Hand muss amputiert werden. Seitdem ist der Stumpf da. "Das war sehr hart", sagt Takiyan über den Verlust. Für das Gespräch benutzt er eine Übersetzer-App auf dem Handy. Sein Deutsch ist noch nicht so gut.

Bevor seine Hand amputiert wurde, hatte Zuheir Takiyan viele Jobs. Mal auf der Baustelle, mal als Kellner. Gelernt hat er Automechaniker. Aber für all diese Arbeiten braucht man zwei Hände. Takiyan fand in seiner Heimat keine neue Stelle, zudem verschärfte sich die politische Lage im Irak. 2001 floh er nach Deutschland.

In München arbeitete er zunächst in einer Autowaschanlage, für einen Euro die Stunde. 2014 kam er durch das Jobcenter zu Biss, jetzt verkauft er meist am Rosenheimer Platz. "Gut" sei der Job bei Biss, sagt Takiyan. Dann muss er los. Abends läuft er zum Verkaufen noch oft durch die Haidhauser Kneipen und es ist schon spät.

© SZ vom 30.11.2018 / LFR - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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