Zeitlager in München:In der Abstellkammer

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Möbel, Werkzeuge und Kurioses: In Zeitlagern kann man sein Hab und Gut günstig und unkompliziert lagern - auch recht ungewöhnliche Dinge.

Rebecca Brielbeck

Mit einem Aufzug geht es unter die Erde. Unten angekommen, wird man erst einmal vom grellen Neonlicht geblendet, die die vielen Gänge beleuchten. Wie in einem Labyrinth zweigen die einzelnen Flure ab. Tür an Tür, Tor an Tor, alle gleich: weiß mit gelber Umrandung. So unspektakulär die Kammern von außen aussehen, so aufregend und abwechslungsreich ist das, was sich dahinter verbirgt: Ein Teil des Lebens vieler verschiedener Menschen. Dinge, die für einen gewissen Zeitraum nicht gebraucht werden. Untergebracht in einer Art auswärtiger Abstellkammer.

In diesen kleinen Räumen kann man sein Hab und Gut gegen Gebühr unterstellen. (Foto: Foto: Rebecca Brielbeck)

Eine Art auswärtige Abstellkammer

Diese auswärtige Abstellkammer ist eigentlich ein Zeitlager und die Idee dazu stammt aus den USA. "Dort ist Platzvermietung auf Zeit seit den 60er Jahren verbreitet", sagt Roland Tubbesing, Geschäftsführer dreier großer Filialen der Firma Firma ZeitLager Self Storage GmbH in München. Während seines Studiums in Amerika lernte er diese Art von Einlagerung zum ersten Mal kennen und brachte sie mit nach München. "In den Staaten kannte man so etwas zunächst vor allem in ländlichen Gegenden, mittlerweile ist es ein Großstadtphänomen."

Da die Urbanisierung der Welt voranschreitet, wird der Platz in den Städten immer knapper:1950 lebten gerade einmal 29 Prozent der Weltbevölkerung in Städten, heute sind es bereits etwas mehr als 50 Prozent und nach Schätzungen des Department of Economic and Social Affairs der Vereinten Nationen, kurz DESA, werden 2030 61 Prozent oder, in absoluten Zahlen, rund fünf Milliarden Menschen in einer Stadt leben. Die Verstädterung hat unter anderem die Folge, dass die Mieten steigen.

Gerade in einer Stadt wie München, wo Wohnen ohnehin schon sehr kostspielig ist, können es sich bereits heute viele nicht mehr leisten, ein Zimmer als Abstellkammer zu nutzen. Kellerabteile sind, wenn vorhanden, oft feucht und auch nicht immer einbruchsicher. Da kommen die Zeitlager wie gerufen. Von einem Kubikmeter bishin zu 40 Quadratmetern kann man zum Beispiel bei der Firma ZeitLager Self Storage GmbH Räume anmieten und die drei seiner sieben Sachen unterstellen, die man gerade nicht braucht.

Im Zeitlager kann man selbstständig auf seine Sachen zugreifen

Ganz neu ist die Idee allerdings nicht. "Natürlich gab es so etwas auch schon vorher", sagt Tubbesing. "Umzugsfirmen bieten eine Unterbringung auf Zeit schon länger an. Allerdings nicht so unkompliziert." Der Unterschied sei, dass man auf seine Sachen in einem Zeitlager selbstständig und ohne Voranmeldung zugreifen könne. Bei den meisten Umzugsfirmen müssten die Mieter oft Tage im Voraus Bescheid geben, damit sie an ihre Sachen kommen.

Nicht nur die Umkompliziertheit und der Platzmangel machen die Unterbringung seines Eigentums in einem Zeitlager attraktiv. In der globalisierten Welt von heute müssen viele Menschen für eine bestimmte Zeit ins Ausland. "Oft wissen die Menschen nicht, wohin mit ihren Sachen und da kommen wir ins Spiel", erklärt der Geschäftsführer des Zeitlagers. Gerade für Personen, die nur für ein Jahr oder weniger die Stadt verlassen, sei dies eine kostengünstige und auch sehr sichere Möglichkeit.

"Seit wir vor vier Jahren eröffnet haben, hatten wir noch nicht einmal ein Problem mit Einbrechern", erzählt Tubbesing. Zweimal täglich patroulliert eine Sicherheitsfirma. Zudem ist der Zugang zum Lager und zu den einzelnen Abteilen alarmgesichert. Das schätzen neben Privatleuten auch Geschäftskunden: "In der Nähe einer unserer Filialen befindet sich eine Baustelle. Um sich vor Diebstahl zu schützen, lagern die Handwerker ihre Werkzeuge bei uns ein."

Der Einlagerungs-Fantasie der Kunden sind im Zeitlager fast keine Grenzen gesetzt und das nützen mache auch so richtig aus. "Das Seltsamste, das jemals bei uns eingelagert wurde, war ein Sarg", erzählt Tubbesing. "Soweit wir wissen, beschränken sich die Mieter aber auf konventionellere Dinge wie Kleidung und Möbel." Genau könne man es allerdings nicht sagen, denn einzelnen Abteile würden nur in Ausnahmefällen von den Mitarbeitern geöffnet.

"Die Leute wollen ihre Sachen normalerweise auch wiederhaben"

Wer allerdings denkt, er fände hier ein Plätzchen, wo er unbehelligt illegale Substanzen wie Drogen oder Sprengstoff unterbringen kann, liegt falsch. "Wir gehen zwar nicht in die einzelnen Parzellen, aber unsere Sicherheitsfirma kontrolliert unsere Gebäude stichprobenartig mit Hunden", so der Geschäftsführer. "Wenn wir die starke Vermutung haben, dass etwas nicht in Ordnung ist, machen wir von unserem Hausrecht Gebrauch und öffnen das Abteil."

Das gleiche geschieht auch, wenn die Miete für ein Abteil nicht mehr gezahlt wird. Dabei ist das Verfahren nicht anders, als in einer Mietwohnung. "Der Mieter bekommt eine Räumungsklage inklusive Zugangsverweigerung", sagt Tubbesing. Besonders oft sei dies aber noch nicht vorgekommen. "Die Leute wollen ihre Sachen normalerweise auch wiederhaben."

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