Wolfratshausen:Jugendliche zeigen Courage

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Sascha Jackisch, Christopher Eberl und Jacqueline Ries beschützten eine junge Frau vor einem pöbelnden Rowdy. Nun bedankt sich die Polizei bei ihnen.

Von Benjamin Engel

Hauptkommissar Christian Neubert (von links) dankte Sascha Jackisch, Christopher Eberl und Jacqueline Ries für ihren Einsatz. (Foto: Hartmut Pöstges)

Vor rund drei Wochen zeigten sich drei Wolfratshauser Jugendliche mutig: Am S-Bahnhof in Wolfratshausen schritten sie ein und beschützten eine junge Frau, die von einem Rowdy angepöbelt wurde. Für ihren Einsatz lobte sie am Dienstag Hauptkommissar Christian Neubert in der Dienststelle der Wolfratshauser Polizei: "Ihr habt Zivilcourage gezeigt." Für ihr mutiges Eingreifen übergab Neubert jedem von ihnen 100 Euro Belohnung. Sascha Jackisch, Christopher Eberl, beide 16 Jahre alt, und die 14-jährige Jacqueline Ries blieben bescheiden: Das sei doch selbstverständlich gewesen, sagten sie.

Der Vorfall ereignete sich am Mittwochabend vor drei Wochen gegen 21 Uhr. Die drei Jugendlichen hatten den Abend im Jugendhaus La Vida verbracht und waren gerade nach Hause unterwegs. Da bemerkten sie auf dem Bahnhofsgelände eine junge Frau mit Kopfhörern. Ein betrunkener 52-jähriger Geretsrieder pöbelte sie an, schimpfte und schrie. "Der Mann ist immer wieder auf sie zugegangen und hat sie bedrängt", erzählt Jackisch. Kein Passant habe der Frau geholfen. Da beschlossen die Jugendlichen einzugreifen.

"Ich habe die Frau zurückgeschoben und dem Mann gesagt, dass er aufhören soll", sagt Sascha Jackisch. Der Geretsrieder sei deswegen auch ausfallend gegen ihn geworden und auf ihn losgegangen. Noch während er mit seinem Handy die Polizei alarmierte, habe der Mann ihm gegen die Kniescheibe getreten. Die 14-jährige Jacqueline Ries, die ebenfalls dazwischen ging, trat der Rowdy gegen den Oberschenkel. "Da bin ich grob geworden", sagt Sascha Jackisch. Er schubste den Geretsrieder weg, erzählt er, und telefonierte noch einmal mit der Polizei. Währenddessen war ein Zug mit 50 bis 60 Passagieren in den S-Bahnhof gefahren. "Die sind alle ausgestiegen und einfach vorbeigegangen", erinnert sich Jacqueline Ries. Den 16-jährigen Sascha Jackisch beschimpften einige als S-Bahn-Schläger. "Das ist die Höhe", empört sich dieser.

Ein Verhalten, dass Hauptkommissar Neubert so nicht nachvollziehen kann. "Die Mehrheit der Bürger schaut leider weg", klagt er. Seiner Ansicht nach fürchten sich viele davor, etwa vor Gericht als Zeuge aussagen zu müssen, und greifen deshalb nicht ein. Richtig ist das nicht, findet Neubert. Jeder sei fähig, zumindest per Handy die Polizei zu verständigen.

Den Geretsrieder Rowdy nahm schließlich die Polizei fest und zeigte ihn an. Ihr Einschreiten haben die drei Jugendlichen bis heute nicht bereut. Sie würden wieder genauso handeln. "Das ist doch selbstverständlich", betonen sie alle gemeinsam. "Ich weiß, wie es sich anfühlt, auf der anderen Seite zu stehen", sagt Sascha Jackisch. Er selbst sei auch schon einmal angegriffen worden, da habe er jetzt einfach dazwischen gehen müssen. Zusammen mit dem gleichaltrigen Christopher Eberl ist er in der Freiwilligen Feuerwehr aktiv. "Da hat man eine soziale Ader", sagt er.

Ihr mutiges Einschreiten hat sich herumgesprochen, doch das scheint den Jugendlichen eher unangenehm zu sein. "Mir posten jetzt schon meine Freunde auf meine Facebook-Pinnwand", sagt Ries. Auch Eberl sieht es eher mit gemischten Gefühlen, wenn er in der Schule darauf angesprochen wird. Jackisch macht derzeit eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann und wird von Kunden darauf angesprochen. "Das ist doch eine Selbstverständlichkeit", sagt er dann.

© SZ vom 21.2.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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