Wolfratshausen:Isarkaufhaus macht dicht

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Aus nach 46 Jahren: Inhaber Frederik Holthaus begründet Schließung zum Jahresende mit Strukturproblemen - und macht die Eigentümerin des Hauses mitverantwortlich.

Wolfgang Schäl

Auch wenn die Wolfratshauser an eine starke Fluktuation in der Marktstraße mittlerweile gewohnt sind, dürfte die Nachricht für die meisten Bürger doch ein Schock sein: Das Isarkaufhaus, geschäftlicher Mittelpunkt der Stadt, macht zum Ende des Jahres, nach 46 Jahren, dicht. Dies hat der Chef des Hauses, Frederik Holthaus, am Dienstag mitgeteilt. Holthaus begründete den Schritt mit den hohen Mietforderungen, die in der Wolfratshauser Niederlassung nicht mehr zu erwirtschaften seien. Die Geretsrieder Filiale ist Holthaus zufolge von der Maßnahme nicht betroffen, in Wolfratshausen aber werden nach seiner Ankündigung 37 Angestellte ihren Arbeitsplatz verlieren.

2006 feierte das Wolfratshauser Isarkaufhaus sein 40-Jahr-Jubiläum. Den 50. Geburtstag im Jahr 2016 wird es nach derzeitigem Stand wohl nicht mehr begehen. (Foto: Manfred Neubauer)

Er habe in den vergangenen Monaten schwierige Mietverhandlungen geführt, und es sei sein Wunsch gewesen, eine Lösung zu finden, um das Haus weiterzuführen, versichert Holthaus. Eine Einigung für die kommenden Jahre habe er aber nicht erzielen können. "Es wurde von der Eigentümerin leider nicht berücksichtigt, dass unsere Firma 46 Jahre lang pünktlich die Miete bezahlt hat und mein Vater auf seine Kosten die Immobilie zu einem Kaufhaus umgebaut hat", beklagt Holthaus. Auch die Kosten für die gesamte Instandhaltung des Hauses habe immer nur die Firma getragen. Die Vermieterin war gestern nicht zu erreichen.

Holthaus beanstandet aber nicht nur die Höhe der Miete, sondern auch die Ursachen, die zu einem Rückgang der Umsätze geführt hätten. Der Strukturwandel im Einzelhandel habe in Wolfratshausen zu immer neuen Verkaufsflächen in den Randgebieten geführt, wo den Kunden kostenlose Parkflächen angeboten würden. "Diese Entwicklung schadet unserer Stadt und führt zu immer schwächerer Kundenfrequenz", beklagt Holthaus. Mit einer Umstellung des Sortiments und durch Schulung des Personals habe er in den vergangenen Jahren versucht, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Im Gewerbegebiet seien seit den 60er Jahren 45 000 Quadratmeter an neuen Einzelhandelsflächen eröffnet worden, zudem habe der Online-Handel seinen Siegeszug angetreten.

Die Angestellten könne er nicht alle in die Geretsrieder Filiale übernehmen, deshalb gehen nach Angaben von Holthaus 37 Stellen verloren - bei der Auswahl der Mitarbeiter sei er streng nach der sozialen Schutzwürdigkeit vorgegangen. Sie seien "die Seele unseres Kaufhauses", durch ihren Fleiß und ihren Einsatz habe das Kaufhaus überhaupt so lang bestehen können. Ihnen gelte auch sein besonderer Dank.

Bürgermeister Helmut Forster sah sich gestern von der Nachricht "sehr unangenehm überrascht", mit der Schließung werde der Stadt eine große Lücke entstehen, schließlich habe man vom Hemd bis zum Kochtopf hier alles bekommen, und auch das Personal sei immer außerordentlich zuvorkommend gewesen. Der von Holthaus angeführte Strukturwandel sei freilich nicht typisch für Wolfratshausen, sondern finde überall statt. Die Stadt könne nicht mehr tun, als die "Aufenthaltsqualität" der Innenstadt zu verbessern, dem habe man beispielsweise durch den "Multifunktionsplatz" vor der Loisachhalle Rechnung getragen. Auch die verbesserte Außengastronomie trage zur Attraktivität bei. Den allseits sichtbaren Zeichen der Zeit habe man versucht, durch Sortimentsbeschränkungen entgegenzuwirken, freilich obliege es nicht der Stadt, die Einhaltung dieser Festsetzungen zu prüfen. Dies sei vielmehr Aufgabe des Landratsamtes. Dass das Gebäude an der Marktstraße lange leerstehen wird, glaubt Forster nicht: Interessenten seien in den vergangenen Jahren immer wieder aufgetreten.

Sehr bedauerlich" nannte Fritz Schnaller, Vorsitzender des Werbekreises, die angekündigte Schließung. "Das Isar-Kaufhaus war ein großer Magnet." Aufgabe des Werbekreises müsse es nun sein, sich nach gleichwertigem Ersatz umzusehen, "am besten einen Einzelhändler mit breitem Sortiment". Ähnlich äußerte sich Klaus-Peter Scharf vom Verein Lebendige Altstadt Wolfratshausen: Die Innenstadt verliere einen "großen Anziehungspunkt". Geschockt zeigte sich John Schille: "Das trifft mich hart, und das wird die Stadt hart treffen", sagte der Geschäftsmann, der selbst im Vorjahr seinen Buchladen am Obermarkt zusperren musste. Einmal mehr schließe "ein attraktives Geschäft in der Innenstadt - und dann auch noch ein so großes". Am falschen Sortiment habe es in diesem Fall nicht gelegen: "Das Isarkaufhaus hatte eine schöne Produktpalette."

Bestürzt reagierten gestern auch die Verkäuferinnen. "Ich kann es noch gar nicht glauben" - so lauteten am Dienstag die Reaktionen. (Seite 3)

© SZ vom 18.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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