Wolfratshausen:Geburtshilfe in der Kreisklinik gefährdet

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Landrat und Geschäftsführer schlagen Alarm: Die Abteilung mit nur 150 Entbindungen im Jahr ist nicht wirtschaftlich.

Birgit Lotze

Der Geburtsabteilung in der Kreisklinik Wolfratshausen droht mangels Nachfrage die Schließung. Immer weniger Mütter lassen dort entbinden, heuer werden lediglich 150 Kinder in dem Haus am Moosbauerweg zur Welt kommen. "Wenn es nicht gelingt, das Steuer herumzureißen, dann können wir nicht anders, als zu schließen", sagte Landrat Josef Niedermaier am Donnerstag auf einer Pressekonferenz.

Die Geburtshilfeabteilung ist seit Jahrzehnten Bestandteil des Leistungsangebots der Klinik. In den sechziger und siebziger Jahren waren jedes Jahr an die 500 Kinder in der Kreisklinik geboren worden. Im folgenden Jahrzehnt hatten dort noch 250 bis 270 Mütter jährlich entbunden. Seit 2007 gehen die Zahlen kontinuierlich weiter nach unten.

Die Klinik kommt dadurch in die Bredouille: Der dritte Belegarzt der Abteilung, Iosif Niculescu, musste kürzlich mangels Geburten seine Mitarbeit einstellen. Die Abteilung kann auch nur zwei Hebammen ernähren. Beide können laut Klinikleitung mehr schlecht als recht davon leben, da sie pro Geburt mit den Krankenkassen abrechnen. Eine der beiden hat zum April kommenden Jahres gekündigt.

Das Potential wäre da: Im Einzugsbereich der Klinik kommen jährlich etwa 300 bis 400 Kinder dazu - allerdings eher mit einem Verweis auf Starnberg oder Bad Tölz in der Geburtsurkunde, nicht auf Wolfratshausen. Die Klinikleitung sieht die Ursache für diese Entwicklung nicht bei sich. "Wir halten die Mindeststandards aufrecht. Aber wir sind auch auf die Unterstützung der Bevölkerung angewiesen", klagt Geschäftsführer Hubertus Hollmann.

In den vergangenen Jahren sei die Abteilung stark ausgebaut worden, das hätten die Bürger kaum wahrgenommen. Hollmann verweist auf die individuelle, familienorientierte Betreuung, auf die Babytherme, das Gymnastikzimmer und das neue Familienzimmer.

Stefan Schmidbauer, ärztlicher Direktor der Klinik und Chef der Chirurgie, begründet die Entwicklung mit dem Rückgang der Geburtenzahlen. Gleichzeitig habe die Konkurrenz zugenommen und das Sicherheitsdenken der Mütter sei gewachsen. Er appelliert an die Ärzte und Hebammen in der Stadt, nicht nur in die Frauenklinik in Starnberg und an die Asklepios-Klinik in Bad Tölz zu überweisen. "Man sollte noch mal prüfen, ob sie nicht stärker kooperieren können."

In der Starnberger Klinik kommen jährlich 2000 Säuglinge zur Welt, und auch im Tölzer Haus werden seit kurzem mehr als dreimal so viele Kinder geboren wie in Wolfratshausen. Starnberg hat ein Team von acht Hebammen und vor allem eine eigene Kinderklinik, in der Säuglinge rundum betreut werden können. Schon in den vergangenen Jahren hat die Entwicklung in Wolfratshausen den Verantwortlichen in Klinik und Landratsamt Sorgen bereitet.

Jetzt will die Klinik verstärkt an die Öffentlichkeit gehen. "Wir müssen Vertrauen zurückgewinnen, wenn es verloren gegangen ist", sagte Hollmann. Niedermaier sprach davon, dass man um die Abteilung kämpfe. Die Klinik insgesamt sei im Aufwind, doch für die hohen Verluste der Geburtshilfe könnten die anderen Abteilungen nicht einstehen.

Die drei Gynäkologen und die Hebammen, die ihre Praxis in Wolfratshausen haben, überweisen angeblich weit mehr nach Bad Tölz oder Starnberg als in die Kreisklinik. Niedermaier ließ durchblicken, dass mit den Gynäkologen bereits gesprochen worden sei - um sie zu bewegen, entweder als Belegärzte in der Kreisklinik zu arbeiten oder mehr Schwangere dorthin zu überweisen. "Aber da sind über Jahre hinweg Beziehungen entstanden, die man nicht einfach mit Schalterumlegen ändern kann."

© SZ vom 04.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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