Weltpremiere des Jazz-Trios:Interagieren

Lesezeit: 3 min

Vielseitiges Talent: Benedikt Jahnel. (Foto: Oliver Kartak)

Benedikt Jahnel gibt mit zwei weiteren Spitzen-Jazzern in Penzberg eine Weltpremiere. Das Programm verspricht spannend zu werden - auch für die Musiker

Interview von Stephanie Schwaderer

Der 37-jährige Musiker und Mathematiker Benedikt Jahnel zählt zur deutschen Jazz-Elite. Mit melodiösem Kammerjazz, bei dem sich auskomponierte und improvisierte Teile die Waage halten, hat sich der in Grenoble geborene und in Geretsried aufgewachsene Pianist einen Namen gemacht. Anfang des Jahres erschien die dritte CD des Benedikt Jahnel Trios "The Invariant" bei ECM. An diesem Samstag geht Jahnel in Penzberg neue Wege: Unter dem Dach der Jazz-Zeche gibt er eine Weltpremiere mit dem Trio JOB.

SZ: Gerade hat das Benedikt Jahnel Trio sein zehnjähriges Bestehen gefeiert, nun also JOB. Sind Sie Ihrer beiden alten Kollegen überdrüssig?

Benedikt Jahnel: Nein, keineswegs! JOB ist keine neue Band. Das Konzert in Penzberg ist ein Spezialevent, das sich die Kuratoren der Jazz-Zeche, allen voran Thomas Grubert, ausgedacht haben. Thomas und ich kennen uns sehr gut und sehr lange, seit mindestens 20 Jahren. Er hatte die Idee, einmal seine Dream-Band auf die Bühne zu bringen, besser gesagt: sein Traum-Klavier-Trio. Der Name setzt sich aus unseren drei Vornamen zusammen: Jonas Burgwinkel, Omar Rodruígez Calva und Benedikt Jahnel. Wir drei haben alle schon mehrfach in Penzberg gespielt, aber noch nie zusammen.

Als Mathematiker beschäftigen Sie sich unter anderem mit interagierenden Teilchensystemen. Lassen sich Ihre Erkenntnisse auf die Funktionsweise eines Jazz-Trios übertragen?

Auf jeden Fall (lacht). Jeder von uns tritt in Aktion, und zugleich reagieren wir aufeinander, manchmal wird es auch zu zufälligen Ereignissen kommen - ganz wie im Modell. Allerdings habe ich es in der Theorie mit sehr viel mehr Komponenten als mit drei Musikern zu tun, nämlich mit unendlich vielen.

Sind Sie das tonangebende Teilchen in der JOB-Konstellation?

Nein, wir sind gleichberechtigte Partner. Ich werde einige meiner Kompositionen einbringen - unterm Strich werden sie vielleicht den größeren Teil des Programms ausmachen. Aber die anderen bringen ebenfalls Stücke mit. Und Einiges wird ganz improvisiert sein.

Sie drei haben noch nie interagiert. Kann es da auch zu bösen Zufällen kommen?

Vor dem Konzert werden wir uns ein bisschen Zeit nehmen. Aber wir haben keine gemeinsame Bandgeschichte, sind nicht durch jahrelanges Proben aufeinander eingespielt: Das ist einerseits eine Gefahr, andererseits aber auch eine Chance. So etwas gibt es nur im Jazz. Das ist es, was diese Musik so besonders und ein Konzert wie dieses überhaupt möglich macht. Die Voraussetzung ist, dass man mit Super-Musikern zusammenspielt.

Stellen Sie Ihre Kollegen doch bitte einmal kurz vor!

Jonas Burgwinkel ist Schlagzeug-Professor in Köln und einer der ganz Großen meiner Generation. Stilbildend. Er verbindet Elemente von traditionellem Jazz mit komplexen Rhythmen und ungeraden Taktarten - genreübergreifend und virtuos. Omar Rodruígez Calvo ist ein hervorragender Bassist, gebürtiger Kubaner, er bringt ebenfalls starke rhythmische Fähigkeiten ein. Das verbindet uns drei: Wir lieben komplexe Grooves. Es dürfte ein sehr rhythmischer Abend werden.

Wird getanzt werden?

Wer weiß, da gehören ja immer mehrere dazu. Wir werden ein Angebot machen. Aber ehrlich gesagt: In bestuhlten Sälen muss schon viel passieren, dass sich die Leute vom Hocker reißen lassen.

In der Region hat Jazz einen schweren Stand. Was ist das Geheimnis der Penzberger Jazz-Zeche?

Das hat viel mit Thomas Grubert zu tun. Er ist ein Getriebener, der seine Ideen enthusiastisch vorantreibt. Zugleich hat er ein verlässliches Team an seiner Seite; jemand muss ja die Stühle hinschieben und die leeren Becher wieder wegräumen. Aber Penzberg ist auch, was das Publikum betrifft, eine Besonderheit im Oberland. Durch Roche gibt es 4000 Leute in der Stadt, die in einem High-Tech-Beruf arbeiten. Jazz hat ja immer die Anmutung, etwas Intellektuelles zu sein - auch wenn das eigentlich nicht stimmt. In Penzberg findet Jazz jedenfalls Gehör - und Thomas Grubert die nötigen Sponsoren.

Ihre erste Band, max.bab, hat sich am Geretsrieder Gymnasium zusammengefunden und ist im Geltinger "Hinterhalt" groß und schließlich bundesweit bekannt geworden.

Ja, aber auch Geretsried funktioniert nicht. Ich bin ja in Geretsried aufgewachsen und habe viel probiert. Aber nicht einmal der "Hinterhalt" ist ein Selbstläufer. Die Leute müssten offen sein, sich aus der Komfortzone wagen.

Ist Jazz anstrengend?

Ist das Unbekannte anstrengend? Eine gute Frage. Manche Leute reisen in fremde Länder und kommen erfüllt zurück. Für andere ist es schon zu anstrengend, zum Swimmingpool ums Eck zu gehen. Jazz braucht Menschen, die Spaß daran haben, etwas Neues zu entdecken. Auch wir drei müssen uns am Samstag aus unserer Komfortzone wagen. Es wird womöglich Momente geben, in denen jeder von uns etwas spielen wird, was man noch nie von ihm gehört hat.

Was werden Sie Ihren Kollegen im Oberland zeigen?

Wenn das Wetter es zulässt: einen Blick auf die Alpen. Sankt Johannisrain ist gleich um die Ecke, von dort aus hat man einen fantastischen Blick auf die Benediktenwand. Und dann kenne ich auch noch ein paar wunderbare Wege durchs Moor.

Samstag, 3. Juni, 20 Uhr, Aula Grundschule Südstraße 1, Penzberg, Karten zu 21 Euro (ermäßigt 8 Euro) in der Buchhandlung Rolles und an der Abendkasse

© SZ vom 01.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: