Veranstaltungsreihe :Die Allmacht des Bösen

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Die Pocci-Gesellschaft beleuchtet in einer Schau Teufelspakt und Erlösung von Goethe bis Mann

Von Benjamin Engel, Münsing/Wolfratshausen

Der Stoff des Faust und seines Teufelspakts zählt zu den meist bearbeiteten Themen der europäischen Literatur. Wie viel der Figur in jedem Menschen steckt, beleuchtet Michael Köhle in einer Schau im Bergkramerhof. Unter der Leitfrage "Wie viel Faust sind wir heute?"geht es um den Teufelspakt und die Erlösung in den Werken Goethe, Thomas und Klaus Manns. Mit Vorträgen und Lesungen vertieft der Vorsitzende der Münsinger Pocci-Gesellschaft die Thematik von diesem Donnerstag an bis Ende Januar.

In ihrer Urform war die Schau bereits im Vorjahr in den Benediktbeurer Räumen der Fachberatung für Heimatpflege des Bezirks Oberbayern zu sehen. Köhle hat sie mit Mephisto-Zeichnungen Franz Graf von Poccis erweitert. Zwischen dem Erfinder des Figurentheaters um den Kasperl Larifari und dem Urthema des Fausts sieht er Anknüpfungsfäden. Die Rolle des Teufels sei nicht so weit entfernt von den Zauberern und Hexen, die in den Stücken Poccis auf den einfach gestrickten Kasperl träfen, sagt er. Für Köhle steckt aber noch mehr dahinter. "Eine Frage könnte sein, ob nicht die Idee des Bösen die Suche nach Allmacht ist, um emergenten Systemen zu entkommen."

Als Beispiel für Emergenz dienen ihm Bürger, die sich auf der Suche nach Freiheit zu einem Gemeinwesen zusammenschließen. "Dadurch entstehen Hierarchien, die die Freiheit der Bürger wieder beschränken", sagt Köhle. Ein Zusammenhang, der aus seiner Sicht noch stärker beleuchtet werden müsste. Als Teufelspakt interpretiert der Vorsitzende der Pocci-Gesellschaft etwa den Menschen, der sich zum Herrn über die Natur aufschwinge und mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen habe. In "Faust II" habe Goethe diese technischen und politischen Entwicklungen bereits mit dem Dammbau zur Landgewinnung vorweggenommen. "Wir haben den Machbarkeitswahn, dass wir alles erreichen können. Aber das holt uns ein", sagt Köhle.

Zum Thema machen dies Goethe mit seinem "Faust", Thomas Mann mit dem "Doktor Faustus" sowie Klaus Mann in seinem Roman "Mephisto". Die Entstehungsgeschichte dieser drei Werke können Besucher in der aktuellen Schau im Bergkramerhof anhand von Originaldokumenten nachvollziehen. Mit der Teufelspakt- und Erlösungsfrage wird sich Dieter Strauss auf der Vernissage an diesem Donnerstag auseinandersetzen. Er hat die 2018 in Benediktbeuern gezeigte Schau mitkuratiert. Strauss hat mehr als 30 Jahre für das Goethe-Institut gearbeitet und die Niederlassungen in São Paulo und Santiago de Chile geleitet.

Im Mittelpunkt der Schau steht am Donnerstag, 7. November, die "Bernauerin". Aus dem Stück von Carl Orff liest Klaus Wittmann. Die Geschichte um den Mord an der Geliebten des Bayernherzogs Albrecht III. greift für Köhle das Gretchen-Thema aus Goethes "Faust" auf. Deswegen habe er die Veranstaltung für die Ausstellung ausgewählt, erklärt er.

Im neuen Jahr können die Besucher ihr Wissen zu Thomas Manns Roman "Doktor Faustus" vertiefen. Darüber referiert Eckhard Zimmermann - der zweite der beiden Kuratoren der vorjährigen Benediktbeurer Faust-Schau - am Donnerstag, 9. Januar.

Zu den wirkmächtigsten Verarbeitungen des Faust-Stoffs zählt die Tragödie von Goethe. Zitate wie "Ich bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft" sind weltberühmt. Unter diesem Motto lesen Beate Himmelstoß und Friedrich Schloffer zur Finissage am Donnerstag, 30. Januar, verschiedene Szenen aus Goethes "Faust".

Dem Dichter zu Ehren hatte der bayerische König Ludwig II. ein Denkmal am Münchner Lenbachplatz errichten lassen. Die Figur des jungen Goethe mit der Lyra wurde allerdings im Zweiten Weltkrieg zerstört. Zur Einweihung im Jahr 1869 war Pocci mit einer Rede beauftragt worden. Das ist für Köhle eine interessante Querverbindung.

"Wie viel Faust sind wir heute?", Ausstellung, Vorträge und Lesungen, Donnerstag, 31. Oktober, bis 30. Januar, Bergkramerhof, Wolfratshausen

© SZ vom 31.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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