Umstrittenes Projekt am Brauneck:Riesiger Speichersee kurz vor Bau

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Gibt es im April keine weiteren Einwände, wird am Brauneck eines der größten künstlichen Gewässer Bayerns ausgehoben - Naturschützer schlagen Alarm.

Frederik Obermaier

Etwa so groß wie zwei Fußballfelder soll er werden - überdimensioniert, ein Schandfleck, ökologisch unsinnig, sagen die Naturschützer. Eine Investition in die Zukunft, darauf beharren hingegen die Betreiber: Die Planungen für einen riesigen Speichersee am Brauneck schreiten voran. Bereits im Sommer könnten die Bauarbeiten am Garlandhang beginnen. Die Schneekanonen am vorderen Brauneck könnten dann bereits in der kommenden Saison mit Wasser aus dem See betrieben werden.

Der Antrag liegt bereits im Tölzer Landratsamt. "Jetzt sind nur noch naturschutzrechtlich Details zu ergänzen", sagt Cornelia Breiter, die in der Behörde das Sachgebiet "Wasser und Boden" leitet. Im April stehe dann noch ein Erörterungstermin vor Ort an - und wenn es keine Einwände gibt, könnten die Betreiber der Brauneck-Bergbahn mit dem Bau beginnen.

Der künstliche See soll bis zu 100 Millionen Liter Wasser fassen - und damit einer der größten in Bayern werden. Die Kosten schätzen die Bergbahnbetreiber auf 1,2 Millionen Euro. "Alles von uns selbst aufgebracht", betont Geschäftsführer Peter Lorenz, "Zuschüsse gibt es nicht."

Naturschützer schlagen derweil Alarm: Von einem "lebensfeindlichen Speicherteich" sprechen Bund Naturschutz und der Landesbund für Vogelschutz (LBV) in einer gemeinsamen Stellungnahme. Brutplätze von Uhu sowie mehreren Kauz-Arten seien durch den See und die Schneekanonen bedroht. Die Umweltgruppe Mountain Wilderness warnt vor einem "massiven Landschaftseingriff". Lenggries komme dadurch zu "mehr als zweifelhaftem Ruhm".

Als die Aktivisten Ende Februar mit schwarz-gelbem Flatterband auf der Garlandalm die Ausmaße des geplanten Sees demonstrierten, schlug ihnen spürbare Ablehnung entgegen. "Bei uns im Dorf, da hassen s' euch alle", riefen Nachwuchsskifahrer des SC Lenggries den Umweltschützern hinterher.

Der Skitourismus ist in Lenggries ein Wirtschaftsfaktor. Neben den Liftbetreibern leben Pensionsbetreiber, Wirte und Sportgeschäfte von den Gästen. "Das Brauneck ist der Wirtschaftsberg", sagt der Lenggrieser Bürgermeister Werner Weindl. Freilich sei der geplante See ein Eingriff in die Natur, dennoch habe der Gemeinderat dem Bau zugestimmt. "Für ein Skigebiet, das wettbewerbsfähig und attraktiv sein will, sind solche Anlagen notwendig."

Die bayerischen Winter sind bereits seit Jahren nicht mehr so schneesicher wie früher. Im gesamten Alpenraum rüsten die Skiliftbetreiber daher mit neuen Gondeln, Schneekanonen und Pistenerweiterungen nach. "Langfristig werden nur Skigebiete überleben, die Beschneiung anbieten können", glaubt Jörg Rückriegel, der beim Deutschen Alpenverein (DAV) das Ressort "Natur- und Umweltschutz" leitet. Dass die Strategie langfristig aufgeht, glaubt er nicht. "Es ist eine Herauszögerung der Folgen des Klimawandels."

Rückriegel sieht am Brauneck zudem eine große Gefahr durch das Gewicht des Wassers, das künftig den Speichersee füllen soll. Schließlich seien 100000 Kubikmeter Wasser rund 100000 Tonnen schwer. "Ob der Hang standfest bleibt, sieht man erst, wenn der See fertig ist." Bergbahn-Geschäftsführer Lorenz warnt hingegen vor Panikmache. Mehrere Gutachten hätten gezeigt, dass die Bergflanke durch das Gewicht abrutschen würde. "Sonst würden wir sowas auch nicht bauen." Cornelia Breiter vom Landratsamt Bad Tölz bestätigt dies. Laut einem Gutachten des Wasserwirtschaftsamtes Weilheim bestehe keine Gefahr eines Hangrutsches. "Seitens der Träger öffentlicher Belange haben daher alle zugestimmt."

Gerade den diesjährigen Winter sieht Lorenz als Bestätigung für die ambitionierten Beschneiungspläne: Es war kalt, hat jedoch nur wenig geschneit. "Die vorderen Abfahrten sind trotzdem bis jetzt in einem Top-Zustand - die anderen Pisten jedoch nicht." Denn beschneit werden von den 34 Kilometern Piste nur die am vorderen Brauneck.

Die Befürchtung einiger Kritiker, der künstliche See könne Sommertouristen abschrecken, teilt er nicht. Schließlich leide das Alpenpanorama nicht darunter. Im Gegenteil: . "Ich glaube, das wird sogar noch schöner - weil Wasser ist ja etwas anziehendes."

© SZ vom 16.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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