Tölzer Prügel:Viel Energie zum Aussitzen

Lesezeit: 2 min

Bad Tölz ist die "Fridays-for-Future"-Hauptstadt im Landkreis. Wie die Verwaltung und manche Stadträte mit einem Antrag zur E-Mobilität umgehen, ist allerdings wenig zukunftsweisend

Kolumne von Klaus Schieder

Bad Tölz ist im Landkreis die Stadt der "Fridays for Future"-Bewegung. Seit Monaten schon ziehen Jugendliche und auch Erwachsene freitags durch die Fußgängerzone, halten Transparente und Plakate hoch, wiederholen lautstark ihre Forderungen zum Klimaschutz. Auf der parteipolitischen Bühne sind die Grünen ihre natürlichen Verbündeten, das ist in Tölz nicht anders. Zu einer Zeit, als "Fridays for Future" gerade erst begonnen hatte, stellten sie im Stadtrat einen Antrag, die E-Mobilität zu fördern. Der Umgang der Stadtverwaltung und mancher Stadträte mit diesem Gesuch ist ein Lehrbuchbeispiel dafür, wie man ein ungeliebtes aber leider nun mal populäres Thema nicht gleich vom Tisch wischt, sondern mit allerlei Verfahrensfragen auszusitzen versucht.

Dabei ist der Antrag der Tölzer Grünen alles andere als kompliziert. Er ist sogar sehr einfach: E-Fahrzeuge sollen in der Stadt zwei Stunden kostenlos parken dürfen, Privatleute, die ihre Ladestation öffentlich zugänglich machen, erhalten finanzielle Hilfe, der Kauf von E-Rollern wird unterstützt, die Stadt stärkt die Initiative ihres Tochterunternehmens Stadtwerke, neben E-Bikes vor allem auch Lasten-Pedelecs zu fördern. All dies leistet einen eher überschaubaren Beitrag zur Energiewende, allerdings sind die Kosten dafür auch nicht sonderlich hoch. Also alles kein Problem? Mitnichten.

Die Antwort der Stadtverwaltung auf den im Juli eingereichten Antrag zeigt, wie man Schwierigkeiten schaffen kann. Da müsse man erst mal die grundsätzlichen Ziele zur Mobilität überhaupt klären, heißt es; die Wirkung lokaler Fördermittel für die Energie- und Verkehrswende sei ja noch ganz unklar; und wie sieht es denn mit der ökologischen Gesamtbilanz der E-Mobilität aus. Was die Stadtwerke anbelangt, so sei zuvörderst die Rollenverteilung zwischen Kommune und Kommunalunternehmen zu regeln. Macht's nur so weiter, möchte man seufzen. Ja, auch die Folgen des Taifuns, der im August 2025 vermutlich über Bora Bora hinwegfegen wird, auf die CO₂-Bilanz der Faröer-Inseln wurden von den Grünen leider nicht bedacht. Und überhaupt.

Aber die Stellungnahme der Verwaltung war noch nichts gegen den Vorschlag von Josef Steigenberger. Der CSU-Stadtrat wollte die Verkehrsproblematik in Bad Tölz generell und die Parkplatzproblematik im Besonderen in die E-Mobilität einbezogen haben. So stellt man sicher, dass ein Antrag völlig abgewürgt wird. Lediglich Jürgen Renner (SPD) mochte zumindest drei der vier Forderungen in dem Grünen-Antrag abgestimmt wissen - vergebens.

Auch in der Tölzer Lokalpolitik geschieht, was im Berliner Bundestag in derlei Fällen zu passieren pflegt: Und wenn ich nicht mehr weiter weiß, bild' ich einen Arbeitskreis. Das soll auch in der Kurstadt so kommen, wenngleich in Form einer "temporären" Arbeitsgruppe. Aber die kann noch eine Untergruppe ins Leben rufen, die wiederum eine Unteruntergruppe . . . Der Stoff für ihre Protestplakate dürfte der "Fridays for Future"-Bewegung in Tölz jedenfalls nicht ausgehen.

© SZ vom 28.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: