Tölzer Prügel:Öl ins Feuer der Stereotypen

Ausgerechnet der Kulturverein Isar-Loisach befeuert Stereotypen, statt sie zu beleuchten oder zu brechen

Von Claudia Koestler

Hinter jedem Mann steht eine starke Frau - die ihm das Bier reicht und den Staub saugt, den er nach getaner Arbeit mit Bohrhammer und Schleifscheibe hinterlassen hat. Soweit ein schaler Witz, doch stammt er wirklich aus längst vergessenen Tagen? Aus Klischees werden schließlich immer noch Bestseller gemacht. Und sogar Veranstaltungen, die unter der Flagge der Kultur segeln: Ausgerechnet der Kulturverein Isar-Loisach goss nun nämlich Öl ins Feuer der Stereotypen, statt sie zu beleuchten oder zu brechen.

"Wo ist beim Hammer der Griff?" Bei einem Heimwerker-Seminar mit diesem Titel lernten Frauen am Freitagabend den Umgang mit Akkuschrauber und Schlagbohrmaschine in einem Geretsrieder Fachhandelsgeschäft. Soweit, so gut? Ja, wenn nicht das Seminar als Programmpunkt aufgelistet gewesen wäre beim diesjährigen Pipapo-Festival, das sich den "unverhohlenen Versuch von Kultur- und Kunstschaffenden weiblichen Geschlechts, die Bühnen der Stadt zu erobern und sich wichtig zu machen" auf die Fahnen geschrieben hatte.

Ein Festival also für Genderisten, bei dem sich auch die Irrationalität ein Stelldichein gibt. Denn was genau macht etwas so Alltägliches wie ein Heimwerker-Seminar, das doch jedem offen steht, der ungeübt ist mit Dübel und Bohrer, zu einer kulturellen Veranstaltung? Ohne ironische Brechung, intellektuelle Brillanz oder subtile Ironie? Klar, unsere Gesellschaft braucht Menschen, die, unabhängig von ihrem Geschlecht, wissen, wo der Hammer hängt. Vielleicht aber hätte es in diesem Falle ein anderes Seminar gebraucht: Über die Einführung einer Sinnquote bei Veranstaltungen.

© SZ vom 01.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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