Tölzer Prügel:Genommene Einsicht

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Wolfratshausens geheimnisumwitterte Akten und ein Bürgermeister zwischendrin

Von Matthias Köpf

So ein Stadtrat ist ja lokalpolitisch ganz entscheidend und sollte daher Einsicht nehmen können in die städtischen Akten. Das findet der Wolfratshauser Stadtrat jedenfalls selbst und hat sich vor einem Jahr eine entsprechende Passage in die eigene Geschäftsordnung geschrieben. Der Bürgermeister dagegen ist zwar Kraft Amtes auch Mitglied des Stadtrats, aber noch viel mehr ist er Chef der Stadtverwaltung, die all diese Akten hortet. Also findet Klaus Heilinglechner, dass der Stadtrat bestimmte Akten nur dann zu Gesicht bekommen müssen soll, wenn er tatsächlich mal entscheidend ist, also demnächst eine Entscheidung zu dem geheimnisumwitterten Thema fällen soll. Nur zum Beispiel: Der Loisachhallen-Vertrag mit dem Hofbräuhaus Traunstein muss im nächsten halben Jahrhundert ja nicht unbedingt auf der Tagesordnung stehen. Ein Recht auf umfassende Akteneinsicht verstoße jedenfalls gegen die Bayerische Gemeindeordnung, was auch die Rechtsaufsicht im Landratsamt und deren Rechtsaufsicht in der Regierung so sehe. Daher sei die Geschäftsordnung ungültig, was nun auch das Münchner Innenministerium bestätigt habe.

Der Stadtrat dagegen hält mit großer Mehrheit an seiner Geschäftsordnung samt Anspruch auf Akteneinsicht fest und sieht sich darin vom transparent leuchtenden Beispiel anderer Städte bestärkt. Nach Auskunft von Wortführer Alfred Fraas (CSU) hat diese Haltung inzwischen übrigens auch das Münchner Innenministerium bestätigt.

Der Widerspruch scheint durch die jeweiligen ministeriellen Auskünfte nicht kleiner geworden zu sein, doch dem Innenminister ist inzwischen alles zuzutrauen. So wird Joachim Herrmann die S 7 persönlich durch einen Tunnel unter der Sauerlacher Straße nach Geretsried graben, und den Geretsrieder Konflikt um den angeblich straßenverkehrsgefährdenden Schriftzug in der Hollywood-Kurve hat er bisher durch Ignorieren meisterhaft moderiert. Gut möglich, dass die Hintersassen des Tausendsassas womöglich sogar eine salomonische Lösung gefunden haben, wonach die Wolfratshauser Geschäftsordnung sowohl gültig als auch ungültig ist, weil die Stadträte sowohl ein Recht auf allgemeine Akteneinsicht haben als auch eben gerade nicht. Ob das wirklich gelingt, ist aber noch offen. Denn Bürgermeister und Stadträte haben einander bisher keine Einsicht in ihre Akten gewährt.

© SZ vom 30.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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