Tölzer Leonhardifahrt:Beten statt Schnapseln

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Mehr Wallfahrt, weniger Event: Wie realistisch die Vorschläge zur Ernüchterung der traditionsreichen Leonhardifahrt in Bad Tölz sind.

Frederik Obermaier

Leonhardi solle wieder eine Wallfahrt werden, lautet die Direktive des Tölzer Bürgermeisters Josef Janker. Ein Besäufnis soll im nächsten Jahr möglichst verhindert werden. Mehrere Verbesserungsvorschläge stehen dafür nun zur Debatte (wir berichteten). Nicht alle sind umsetzbar, manche sind rechtlich heikel, fast alle kosten Geld.

Mehr Wallfahrt, weniger Event - das wünschen sich die Veranstalter der Tölzer Leonhardifahrt für das nächste Jahr. (Foto: Hartmut Pöstges)

Bei anderen Großveranstaltungen ist es selbstverständlich, bei der Tölzer Leonhardi-Wallfahrt bislang nicht: Im kommenden Jahr wollen die Veranstalter ein Sicherheitskonzept vorlegen. Üblicherweise werden darin Fluchtwege, Zuständigkeiten und Szenarien für den Unglücksfall geklärt.

Bei der diesjährigen Wallfahrt waren insbesondere zugeparkte Flucht- und Rettungswege ein Problem. Die Befugnis zum Abschleppenlassen haben nach Angaben der Stadt die Polizei und die Rettungsdienste. Sie müssten sie nur nutzen.

Mehr Sicherheit und mehr Platz für die Zuschauer könnte zudem eine Änderung der Wallfahrtsstrecke bringen - auch wenn Leonhardi-Lader Anton Heufelder deswegen bereits um die Tradition fürchtet: Statt durch die Jägergasse würden die Gespanne bei ihrem Rückweg vom Kalvarienberg über die Säggasse fahren (siehe Grafik).

Selbst der Termin für die Leonhardi-Wallfahrt im Jahr 2011 - geplant war bislang Samstag, 5. November - steht jetzt zur Diskussion. Denn, so die Hoffnung der Veranstalter, wochentags würden weniger Besucher kommen. Für die Wirte hieße das: weniger Einnahmen.

Alkohol bei Leonhardi gibt es schon lange, heuer wurde er jedoch zu einem massiven Problem, 2011 soll er daher verschwinden: Ein Vorschlag ist ein Verbot auf dem Kalvarienberg. Die Stadt könnte eine entsprechende Verordnung erlassen, ungeklärt ist nur, wer sie durchsetzen soll. Die Polizei hat der Stadt bereits angekündigt, 2011 keinen Ordnungsdienst zu übernehmen. Ein privater Sicherheitsdienst würde Tausende Euro kosten, seine Befugnisse wären gering.

Die Zahl der Freischankflächen hingegen könnte die Stadt ganz einfach verringern - sie selbst vergibt die Genehmigungen. Ob sich dabei ein Alkohol-Verkaufsverbot durchsetzen lässt, wird derzeit geklärt. Zu wenige Verkaufsstände könnten jedoch auch wieder zum Problem werden: Schließlich müssen mehrere Tausend Menschen versorgt werden.

Theoretisch könnte die Stadt Bad Tölz die Sperrzeit (eigentlich 5 bis 6 Uhr) um mehrere Stunden verlängern. Die Kneipen dürften dann vormittags noch nicht öffnen. Die Wirte könnten jedoch dagegen klagen. Ganz zu verbieten, mit Leonhardi-Feiern zu werben, dürfte für die Stadt noch schwieriger werden. Bürgermeister Jankers Drohung mit Konzessionsentzug klingt zwar markig, liegt jedoch nicht in seiner Zuständigkeit. Konzessionen sind Sache des Landratsamts.

Mehr Wallfahrt und weniger Event

Mit mehr Lautsprechern könnte die traditionelle Messe auf der Wiese, wo traditionell die Gespanne stehen, besser gehört werden. Statt zu schnapseln würden dann viele Besucher lauschen und beten, so die Hoffnung. Auch der Altar vor der Leonhardi-Kapelle könnte dafür in Richtung Wiese gedreht werden.

Die Tölzer Tourist-Info hat bereits angekündigt, bei der Werbung künftig zu betonen, dass Leonhardi kein Event, sondern eine Wallfahrt ist - auch wenn dies möglicherweise einige Besucher abschreckt. "Den Tagestourismus wird das bis zu einem gewissen Grad treffen", sagt Kurdirektor Klaus Pelikan, "aber auf das können wir verzichten." Die Wirten müssen mit Einbußen rechnen.

Kontrolliert wurde bei Leonhardi schon heuer, gebracht hat es wenig: Das Ordnungsamt hatte kaum Beanstandungen, den vier Mitarbeitern des Jugendamts waren schlicht die Hände gebunden. Sie konnten den teils jugendlichen Betrunkenen nur hilflos zuschauen, denn Ausweise kontrollieren darf nur die Polizei, und die hatte bei den vielen Schlägereien schon genug zu tun. Für mehr Kontrollen brauchte es mehr Polizisten.

© SZ vom 20.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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