Szyszkas Klassiker:Very British

Lesezeit: 2 min

Zwei deutsche Komponisten, die in England ihre größten Triumphe feierten: Haydn und Mendelssohn in der Loisachhalle

Von Reinhard Szyszka

Was haben Haydn und Mendelssohn gemeinsam? So einiges: Beide waren hoch angesehene Komponisten klassischer Musik, die mit Sinfonien, Streichquartetten und jeweils zwei großen Oratorien Furore gemacht haben - Schöpfung und Jahreszeiten bei Haydn, Paulus und Elias bei Mendelssohn. Doch noch eine Gemeinsamkeit gibt es: Beide kamen aus dem deutschen Sprachraum, feierten aber ihre größten Erfolge in England. Haydn suchte zweimal die britischen Inseln auf, Mendelssohn sogar zehnmal - keine geringe Leistung, wenn man an das unbequeme und langwierige Reisen in der damaligen Zeit denkt.

Mendelssohn war 20 Jahre alt, als er erstmals nach London kam. Von April bis November 1829 blieb er dort, gab Konzerte und komponierte. Im Juli und August aber war in London in musikalischer Hinsicht "tote Hose". Mendelssohn hatte also Urlaub, den er für eine Schottland-Fahrt nutzte. Nicht einfach so, sondern auf den Spuren Ossians wollte er wandeln, jenes legendären altschottischen Barden, den James Macpherson in den 1760er-Jahren ans Tageslicht geholt hatte. Zwar pfiffen es schon damals die Spatzen von den Dächern, dass es nie einen Ossian gegeben hatte, und dass die angeblichen Ossian-Dichtungen geschickte Fälschungen Macphersons waren. Doch davon wollte Mendelssohn nichts wissen; für ihn war Ossian echt. Und so reiste der Komponist bis zu den Hebriden, einer sturmumtosten Inselgruppe vor der schottischen Atlantikküste, und besuchte dort die unbewohnte Insel Staffa mit der Fingalshöhle, die bei Ossian eine Rolle spielt. Auf der Überfahrt wurde Mendelssohn schwer seekrank; trotzdem machten Insel und Höhle einen tiefen Eindruck auf ihn, was sich in einer Komposition niederschlug. Die Hebriden-Ouvertüre, auch bekannt unter dem Titel "Die Fingalshöhle", entstand im heimischen Berlin; uraufgeführt wurde sie aber in London, bei Mendelssohns zweiter England-Reise.

Haydn kam erst mit 59 Jahren zum ersten Mal nach England; zuvor war er im Dienst des Fürsten Eszterházy eingespannt. Auf seinen beiden London-Reisen feierte er Triumphe und erlebte die wohl glücklichste Zeit seines Lebens. Insgesamt zwölf Sinfonien hat Haydn in und für London komponiert und dort uraufgeführt; die letzte, genannt die Londoner, ist der unbestrittene Höhepunkt im sinfonischen Schaffen Haydns.

Am Samstag wird es in der Loisachhalle "Very British", denn da stehen sowohl die Hebriden-Ouvertüre von Mendelssohn als auch die Londoner Sinfonie von Haydn auf dem Programm. Und dazwischen gibt es das dritte Klavierkonzert von Beethoven zu hören - obgleich dieser Komponist niemals in England war. So was aber auch!

Sonntag, 15. Juni, 19.30 Uhr, Loisachhalle Wolfratshausen: Konzert des Philharmonischen Orchesters Isartal, Leitung Christoph Adt, mit Adrian Oetiker, Klavier. Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy, Ludwig van Beethoven und Joseph Haydn. Karten zu 24 Euro, ermäßigt zwölf Euro, im Bürgerbüro der Stadt Wolfratshausen (Telefon 08171/2140) sowie über München Ticket. Restkarten an der Abendkasse.

© SZ vom 13.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: