Szyszkas Klassiker:Ungeliebtes Meisterwerk

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Schäftlarner Konzerte präsentieren Max Bruch

Von Reinhard Szyszka

Der Meister war stocksauer. Drei Violinkonzerte hatte Max Bruch geschrieben, aber kein Hahn krähte nach Nummer 2 und Nummer 3. Das Publikum und die Geiger rissen sich immer nur um die Nummer 1, das berühmte g-Moll-Konzert. "Alle vierzehn Tage kommt einer und will mir das erste Konzert vorspielen", klagte der Komponist. "Ich bin schon grob geworden und habe zu ihnen gesagt: 'Ich kann dieses Konzert nicht mehr hören - habe ich vielleicht nur dieses eine Konzert geschrieben? Gehen Sie hin und spielen Sie endlich einmal die anderen Konzerte, die ebenso, wenn nicht besser sind.'"

Bruch entwickelte im Laufe der Jahre eine ausgeprägte Abneigung gegen sein erstes Violinkonzert, das doch unzweifelhaft zu den ganz großen Meisterwerken der Geigenliteratur gehört. Vor lauter Zorn wurde der Komponist zum Dichter und machte seinem Ärger in einem Distichon Luft. Ein Distichon ist ein reimloses Gedicht aus Hexametern und Pentametern im Wechsel, und bei Bruch lautet es: "Da sich in neuester Zeit das erstaunliche Faktum ereignet, / Dass die Geigen von selbst spielten das erste Konzert, / Machen wir schleunigst bekannt zur Beruhigung ängstlicher Seelen, / Dass wir besagtes Konzert hierdurch verbieten mit Ernst." Es half alles nichts: Bis heute stellt das g-Moll-Konzert die beiden späteren Werke, was die Anzahl der Aufführungen und Einspielungen anbelangt, bei weitem in den Schatten. Wenn irgendwo vom "Violinkonzert von Bruch" oder noch kürzer vom "Bruch-Konzert" die Rede ist, so ist ganz selbstverständlich das erste Konzert gemeint, überhaupt keine Frage.

Auch die Schäftlarner Konzerte machen da keine Ausnahme. Wenn am kommenden Samstag Markus Wolf, Erster Konzertmeister an der Bayrischen Staatsoper, in der Klosterkirche Schäftlarn als Solist vor das Orchester tritt, dann steht natürlich das erste Violinkonzert von Max Bruch auf dem Programm, und nicht etwa das zweite oder dritte. Umrahmt wird das Bruch-Konzert von zwei Sinfonien. Zu Beginn ein Werk von Johann Christian Bach, dem jüngsten Sohn des großen Johann Sebastian. Und nach der Pause dann die "Zweite" von Ludwig van Beethoven. Die zweite Sinfonie ist ein klangvolles, melodienreiches Werk, das die Schule von Beethovens Lehrer Haydn verrät, ohne jemals in epigonale Abhängigkeit zu verfallen. Die Ländler-Melodie im langsamen Satz könnte ein echtes Stück Volksmusik aus der Beethoven-Zeit sein; wenn nicht, so ist doch der Geist perfekt nachempfunden.

Samstag, 24. Juni, 19 Uhr, Klosterkirche Schäftlarn: Orchesterkonzert mit Werken von Johann Christian Bach, Max Bruch und Ludwig van Beethoven. Karten zu 38,40 / 29,40 / 16,40 Euro über München Ticket

© SZ vom 22.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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