Szyszkas Klassiker:Eine Sonate im Patchwork

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Ein Musikstück von drei Komponisten ist außergewöhnlich. Die Rarität wird am Samstag in Iffeldorf aufgeführt

Von Reinhard Szyszka

Joseph Joachim kommt! Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht im Herbst 1853 in Düsseldorf. Der große Geiger Joachim war nicht nur ein Star auf seinem Instrument, sondern auch ein persönlicher Freund des Düsseldorfer Musikdirektors Robert Schumann. Zwei Nachwuchs-Komponisten, Johannes Brahms und Albert Dietrich, die sich zu dieser Zeit im Hause Schumann aufhielten, hatten ebenfalls schon die Bekanntschaft von Joseph Joachim gemacht. Und so kam eine originelle Idee auf: eine neue Sonate für Violine und Klavier, als Koproduktion von Schumann, Brahms und Dietrich schnell-schnell komponiert. Mit diesem Werk sollte der Geigen-Virtuose würdig in Düsseldorf begrüßt werden.

Wie schreibt man zu dritt eine Sonate? Das geht nur, wenn man die Arbeit satzweise aufteilt. Albert Dietrich übernahm den Kopfsatz, Robert Schumann war für den langsamen Satz und das Finale zuständig, und das Scherzo fiel an Johannes Brahms. Für den Zusammenhalt des Ganzen sorgte das Drei-Noten-Thema F-A-E, das in allen vier Sätzen eine wichtige Rolle spielte. Nicht ohne Hintergedanken: Die drei Buchstaben standen für "Frei, aber einsam", das Lebensmotto des Joseph Joachim.

Die drei Komponisten machten sich mit Feuereifer an die Arbeit, und es gelang ihnen tatsächlich, die F-A-E-Sonate rechtzeitig zum Besuch von Joachim fertigzustellen. Der große Geiger erhielt die Violinstimme aufs Pult gelegt, Robert Schumanns Gattin Clara, eine Konzertpianistin, setzte sich ans Klavier, und gemeinsam spielten Joseph Joachim und Clara Schumann die neue Sonate vom Blatt. Nach jedem Satz musste Joachim den Komponisten erraten; ob er dabei richtig tippte oder danebenlag, ist nicht überliefert.

Jedenfalls verschwand die F-A-E-Sonate zunächst in der Versenkung. Robert Schumann war mit dem Gemeinschaftswerk nicht zufrieden und verhinderte die Veröffentlichung. Das Scherzo von Brahms erschien 1906 als Einzelsatz, doch sollte es noch bis 1935 dauern, ehe endlich die Patchwork-Sonate der drei Komponisten vollständig im Druck vorlag. Auch heute noch ist die F-A-E-Sonate ein ausgesprochen seltener Gast auf den Konzertpodien. Am Samstag spielen Isabelle Faust und Alexander Melnikov das Werk in Iffeldorf. Außerdem stehen noch drei andere Violinsonaten auf dem Programm, die Johannes Brahms in späteren Jahren komponiert hat. Ganz alleine!

Samstag, 11. Februar 2017, 19 Uhr, Gemeindezentrum Iffeldorf: Isabelle Faust, Violine, und Alexander Melnikov, Klavier. Einführungsvortrag 18 Uhr. Werke von Albert Dietrich, Robert Schumann und Johannes Brahms. Karten zu 22, 25 und 30 Euro über www.iffeldorfer-meisterkonzerte.de, Tel. 08856/3695 (Frau Clauß)

© SZ vom 09.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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