Szyszkas Klassiker:Ein geläuterter Extremist

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Die Geschichte vom Propheten Elias ist nicht nur eine faszinierende Erzählung aus dem Alten Testament, sondern auch eine geradezu erschreckend aktuelle Parabel über religiösen Fanatismus und Gewalt. In Mendelssohns Oratorium "Elias" wird sie jetzt in der Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt aufgeführt

Von Reinhard Szyszka

So wahr der Herr, der Gott Israels lebet": Mächtig und düster hebt es an, Mendelssohns Oratorium "Elias". Das Werk schlägt den Hörer von der ersten Note an in seinen Bann, und es erhält die Spannung bis zum Schluss aufrecht. Nicht umsonst gehört der "Elias" bei Chorsängern wie bei Konzertbesuchern zu den beliebtesten Oratorien überhaupt. Am kommenden Sonntag gibt es Gelegenheit, das Werk in der Tölzer Stadtpfarrkirche zu erleben.

Bei der Uraufführung des "Elias" 1846 wirkten mehr als 300 Musiker in Chor und Orchester mit. Ganz so viele werden es diesmal nicht sein, doch mit immerhin 80 Chorsängern kann der musikalische Leiter Christoph Heuberger aufwarten, und das Orchester ist auch nicht gerade dünn besetzt. Romantische Oratorien verlangen nun mal nach gewaltigen Klangwogen, um die großen Gefühle angemessen auszudrücken. Aus diesem Grund erhält der Chor der Tölzer Stadtpfarrkirche Verstärkung vom Chor der Kirche Sankt Johannes in Erding. Am Samstag führen beide Chöre den "Elias" in Erding auf, sonntags ist Bad Tölz an der Reihe. Die Soloparts singen Susanne Bernhard (Sopran), Barbara Hölzl (Alt) und Dominik Wortik (Tenor); die Haupt- und Titelrolle ist dem Bassisten Andreas Macco anvertraut.

Die Geschichte vom Propheten Elias ist nicht nur eine faszinierende Erzählung aus dem Alten Testament, sondern auch eine geradezu erschreckend aktuelle Parabel über religiösen Fanatismus und Gewalt. Christoph Heuberger ist sich dessen wohl bewusst: "Da sieht man die Problematik von Religion." Er hat sich dennoch dazu entschlossen, den "Elias" einzustudieren und aufzuführen, denn das Werk zeigt noch etwas anderes: die Läuterung des Elias von einem gewaltbereiten, rücksichtslosen Extremisten zu einem friedlichen, in sich ruhenden Menschen. Gewalt, so die Aussage des Oratoriums, ist eben nicht das geeignete Mittel, um andere vom eigenen Glauben zu überzeugen, und es bedarf eines langen, schmerzlichen Prozesses, bis Elias zu dieser Einsicht gelangt. Dementsprechend ist es auch musikalisch ein weiter Weg von den finstern Klängen des Beginns zum optimistischen Dur des Schlusschors. Ein Weg aber, der sich für die Zuhörer wie für die Mitwirkenden lohnt.

Bad Tölz, Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt, Sonntag, 9. Oktober, 18 Uhr, Mendelssohn: "Elias". Karten zu 14 bis 28 Euro (Hörerplätze für 8 Euro) bei allen Vorverkaufsstellen von München Ticket sowie bei der Tourist-Information Bad Tölz. Restkarten an der Abendkasse.

© SZ vom 07.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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