Szyszkas Klassiker:Die feindlichen Brüder

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Zweimal Haydn in Bad Tölz

Von Reinhard Szyszka

Besonders grün waren sie sich nicht, die Brüder Joseph und Michael Haydn. Beide hatten als Sängerknaben am Stephansdom angefangen, und beide wurden später Komponisten, die auch einen ähnlichen Stil pflegten. Persönlich aber gingen sie sich konsequent aus dem Weg. Joseph, der ältere und weitaus berühmtere der zwei, wirkte als Kapellmeister beim Fürsten Eszterházy im heutigen Ungarn; der fünf Jahre jüngere Michael fand in Salzburg seine Wirkungsstätte. Michael starb 1806, Joseph 1809, ohne dass sich die Brüder noch einmal getroffen, geschweige denn ausgesöhnt hätten.

Die wechselseitige Abneigung zwischen Michael und Joseph ist allerdings kein Hinderungsgrund, Werke beider Komponisten im gleichen Konzert aufzuführen. Die Tölzer Orgelfesttage, dieses Jahr unter dem Motto "Vom Prater zum Matterhorn", spannen die feindlichen Haydn-Brüder im Eröffnungskonzert zusammen. Allerdings mit einem "Puffer" dazwischen. Dieser Puffer ist kein Geringerer als Wolfgang Amadé Mozart, der mit beiden Haydns gut befreundet war und auch die Musik von beiden schätzte. Er ist also der richtige Mann, zwischen Michael und Joseph zu vermitteln.

Von den Brüdern Haydn gibt es in Tölz je ein Orgelkonzert in C-Dur zu hören; bei Michaels Konzert steht außerdem eine Bratsche als zweites Soloinstrument der Orgel zur Seite. Im 18. Jahrhundert hatten viele Orgeln in Österreich und Süddeutschland kein Pedal; daher schreiben beide Haydn-Brüder in ihren Orgelkonzerten keinen Pedalgebrauch vor, und die Werke könnten genauso gut auf dem Klavier oder Cembalo dargeboten werden. Gedacht sind sie aber für die Orgel, und so wird sie Hansjörg Albrecht, der künstlerische Leiter der Tölzer Orgelfesttage, auch spielen. Das Orchester besteht nur aus Streichern, und da trifft es sich gut, dass Albrecht ja auch Leiter des Münchner Bachorchesters ist und so die erforderlichen Musiker zur Verfügung hat. Während Joseph Haydn bis heute ein äußerst populärer Komponist ist, sind Michaels Werke fast vergessen. In Bad Tölz gibt es nun die Gelegenheit, beide Brüder im direkten Vergleich zu erleben. Wie schon gesagt: Mozart schätzte beide sehr, und auf das Urteil eines Mozart kann man sich getrost verlassen.

Donnerstag, 21. April, 19.30 Uhr, Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt, Bad Tölz , Karten zu 20 Euro bei der Tourist-Info und beim Winzerer

© SZ vom 14.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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