SZ-Serie: Ehrensache, Teil 3:Fairness für alle

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Theresia Huber engagiert sich seit mehr als dreißig Jahren im Weltladen. Für sie begann es mit der Altkleider-Sache. Sozial orientiert sei sie schon von Berufs wegen, sagt die Krankenschwester

Von Petra Schneider

Silberschmuck aus Peru, Körbe aus Ghana, Filztäschchen aus Nepal, Kaffee aus Äthiopien, Tee aus Südafrika - man muss nicht weit reisen, um allerhand Exotisches aus fernen Ländern kaufen zu können. Seit mehr als 30 Jahren gibt es in der Säggasse in Bad Tölz den Weltladen, der für fairen Handel steht. Fast genauso lang ist Theresia Huber mit dabei. An den Grund kann sie sich noch genau erinnern: Die "Altkleider-Sache" habe sie zum Nachdenken gebracht; die Diskussion um die Containersammlungen, die dazu beitrügen, dass die Bekleidungsindustrie in afrikanischen Ländern zerstört werde. Zudem sei sie als Krankenschwester schon von Berufs wegen "sozial orientiert", sagt die 61-Jährige.

Steigender Konsum in westlichen Ländern, der oft mit katastrophalen Arbeitsbedingungen, Ausbeutung und Umweltzerstörung in Entwicklungsländer erkauft sei - dagegen wollte sie etwas tun. Also trat sie dem "Arbeitskreis Eine Welt" bei, der im Jahr 1984 von Sozialpädagogikstudenten der Benediktbeurer Stiftungshochschule und dem damaligen Leiter der Jugendsiedlung Hochland gegründet wurde. "Frühere Generationen haben uns das Leben erkämpft, das wir hier führen können", sagt Huber; sie hätten sich für gerechte Löhne, Sozialversicherung oder Frauenwahlrecht eingesetzt. Da sei es doch selbstverständlich, dass man etwas zurückgebe.

Fair gehandelten Kaffee gebe es zwar inzwischen auch im Supermarkt, im Weltladen aber sei er "noch fairer", sagt Theresia Huber. (Foto: Manfred Neubauer)

Huber arbeitet einen Tag im Monat im Weltladen und ist für die Buchhaltung zuständig - neben ihrem Job an der Tölzer Asklepiosklinik. Der Weltladen müsse keine Gewinne erzielen, dürfe aber als eingetragener Handelsbetrieb auch kein Minus machen. "In der Regel funktioniert das", sagt Huber, auch weil die Stadt nur eine geringe Miete verlange.

Die Produkte werden hauptsächlich über die Gepa bezogen, den größten europäischen Importeur fair gehandelter Waren. Die 1975 gegründete Non-Profit-Organisation schließt langfristige Verträge mit den Anbietern und zahlt Preise, die über dem Weltmarktniveau und über einer von den Produzenten selbst festgelegten Mindestgrenze liegen. Dafür müssen sie strenge Standards erfüllen, deren Einhaltung jährlich kontrolliert wird: Gerechte Löhne zahlen, Menschenrechte und Umweltvorgaben einhalten und einen Teil der Gewinne in soziale Projekte investieren, etwa in Schulen oder Einrichtungen zur Bildung von Frauen.

Dem "Eine Welt"-Arbeitskreis in Tölz gehören 40 Mitglieder an, davon helfen 20 aktiv im Laden, bis auf zwei Minijobber alles Ehrenamtliche und fast nur Frauen. Verkauf, Lager, Buchhaltung, Dekoration, politische Arbeit im Dachverband - vielfältige Aufgaben, für die sich allerdings kaum junge Leute begeistern können. Helfer zwischen 20 und 30 Jahren zu finden werde immer schwieriger, sagt Huber. Nicht nur in Tölz: Einige Weltläden, die bundesweit in einem Dachverband vernetzt sind, hätten wegen Überalterung der Helfer schließen müssen.

Im Tölz gebe es viele Stammkunden, die meisten ebenfalls über 50. Huber beobachtet eine generelle Tendenz: "Es fällt fast allen Leuten schwer, etwas zu kaufen, was sie zehn Meter weiter billiger kriegen." Kaffee oder Kakao zum Beispiel, die es inzwischen mit Fairtrade-Siegel auch im Supermarkt gibt. Das Siegel habe die Gepa entwickelt, allerdings mit abgeschwächten Kriterien, damit die Preise supermarkttauglich bleiben. In den Weltläden habe diese Aufweichung zunächst "eine große Diskussion" ausgelöst, sagt Huber. Inzwischen habe sich das Fairtrade-Siegel bewährt, schließlich sei ja das Ziel, dass fairer Handel nicht nur in Weltläden stattfinde. Deren Produkte seien freilich "noch fairer", das Sortiment größer, und Kunsthandwerk aus aller Welt "gibt es nur bei uns", sagt Huber.

Auch Bundesentwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU), der den Tölzer Weltladen im Sommer 2017 besucht hat, sei "beeindruckt" gewesen. Zurzeit überlegt der Verein, mit dem Laden in die Marktstraße umzuziehen. Dort gebe es mehr Laufkundschaft, allerdings auch höhere Mieten. Huber hat ausgerechnet, dass sich der Umsatz verfünffachen müsste, um die schwarze Null halten zu können. Ein Weltladen in der Marktstraße sei deshalb ein "Zukunftsgedanke", aber ein schöner, findet sie. Nicht nur, weil die Innenstadt durch das geschmackvolle Angebot aufgewertet, sondern der Weltladen von einer Nebenstraße in das Zentrum der "Fairtrade Stadt Bad Tölz" rücken würde.

© SZ vom 20.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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