Suche nach Unterkünften:Plätze, wo noch Platz ist

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Gewerbegebiete geraten immer mehr in den Blick

Von Matthias Köpf, Bad Tölz-Wolfratshausen

Wer in aller Eile wirklich viel Platz braucht, der findet ihn meistens nicht im Zentrum, und so geraten angesichts des wachsenden Bedarfs an Flüchtlingsunterkünften nun auch im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen die Gewerbegebiete in den Blick. Die Geretsrieder Stadträte haben in der vergangenen Woche notgedrungen eine Unterkunft für 184 Asylbewerber in der Jeschkenstraße genehmigt. Im Wolfratshauser Rathaus bereitet sich das Bauamt auf ähnliche Anfragen vor.

Anderenorts ist das planungsrechtliche Tabu längst gebrochen, doch der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen und seine Kommunen haben ihre Linie lange durchgehalten, Flüchtlingsunterkünfte nicht in Gewerbegebieten zu schaffen. So hat die Stadt Wolfratshausen den Wunsch des örtlichen Disco-Betreibers Sepp Schwarzenbach zurückgewiesen, neben dem Parkplatz seines Wolfratshauser Turms eine Unterkunft für bis zu 84 Asylbewerber zu errichten. Nach seinem Nein zum Bauantrag im vergangenen Oktober hat der Bauausschuss diese Haltung im April noch einmal bekräftigt, nachdem ihn das genehmigungswillige Landratsamt zu einer Stellungnahme aufgefordert hatte. Eine Unterkunft im Gewerbegebiet erachteten die Räte als unwürdige Ghettoisierung der Flüchtlinge. Zugleich wurden im Gremium Sorgen laut, dass auch das Gewerbe eingeschränkt werden könnte, wenn in der Nachbarschaft Menschen wohnen und entsprechend vor zu viel Industrie- und Verkehrslärm geschützt werden müssten.

Ähnliche Sorgen trieben auch die Geretsrieder Räte bei ihrem Beschluss für eine Unterkunft in der Jeschkenstraße um. Dort gibt es in der Nachbarschaft die Firma Eisenblätter, die mit lauten Maschinen arbeitet und befürchtete, dies in Zukunft nicht mehr wie geplant in drei Schichten praktisch rund um die Uhr tun zu können. Landrat Josef Niedermaier (FW) hat dem Unternehmen für diese Pläne Bestandsschutz zugesichert; zugleich ließ das Landratsamt den Geretsrieder Stadträten ausrichten, dass man die Unterkunft nötigenfalls auch gegen ihren Willen genehmigen werde.

Wolfratshausen hat diesem Druck aus Tölz bisher nicht nachgegeben. Nach Ansicht der Stadt hat der Bundestag mit seiner Gesetzesänderung vom vergangenen Herbst Unterkünfte in Gewerbegebieten zwar grundsätzlich möglich gemacht, dies jedoch nur bei Zustimmung der betreffenden Kommune, weshalb man sich in Wolfratshausen gegenüber dem Landratsamt hier am längeren Hebel sieht. Vor allem aber ist es in Wolfratshausen in den vergangenen Monaten stets gelungen, die inzwischen rund 130 Flüchtlinge in der Stadt dezentral auf 14 Häuser in den Wohngebieten zu verteilen.

Mit dem weiteren Anwachsen der Flüchtlingszahlen wachsen im Rathaus allerdings auch die Zweifel daran, ob das weiterhin so gelingen kann. Als erste geeignete Notfall-Maßnahme gilt eine Belegung der Mehrzweckhalle in Farchet. Deren Turnhalle dient nur dem Vereins- und nicht auch dem Schulsport; im Untergeschoss gibt es einen weiteren größeren Saal. Auf längere Sicht werde man aber ohne Unterkunft im Gewerbegebiet nicht auskommen, heißt es aus dem Rathaus. Einen konkreten Anlass, das Thema den Räten zu unterbreiten, gebe es zwar derzeit noch nicht, doch ebenso wie in Geretsried liegen auch im Wolfratshauser Bauamt mehrere Anfragen von interessierten Immobilieneigentümern auf dem Tisch.

Manche kleineren Gemeinden sind schon so weit: So hat Reichersbeuern eine Traglufthalle im künftigen Gewerbegebiet Am Kranzer gebilligt, und die Gemeinde Königsdorf hat eine Voranfrage für Container am Roßmoosweg bereits mit Ja beantwortet.

© SZ vom 29.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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