Die Wolfratshauser Stadtkapelle darf beim nächsten Politiker-Derblecken der Loisachtaler Bauernbühne, das traditionsgemäß mit dem Starkbierfest einhergeht, nicht mehr den musikalischen Rahmen beisteuern. Die Stadt hat sich dafür ausgesprochen, stattdessen die "Münchner Zwietracht" für das Großereignis zu engagieren, das im kommenden Jahr am 8. März in der Loisachhalle stattfindet. Die Entscheidung fiel im Einvernehmen mit dem Kulturreferenten des Stadtrats, Wiggerl Gollwitzer (BVW), der selbst Vorsitzender der Bauernbühne ist, und Bürgermeister Helmut Forster (BVW).
Hintergrund ist eine Änderung des Konzepts, die auf der Beobachtung basiert, dass in den vergangenen Jahren die meisten Gäste nach dem Ende des Polit-Kabaretts allzu schnell nach Hause gegangen sind, anstatt noch in der Halle zu bleiben und weiter zu feiern. Es sei "nicht darum gegangen, die Stadtkapelle rauszuekeln", versichert Marion Klement vom Kulturamt. Aber viele Gäste hätten den Wunsch "nach einem etwas frischeren Party-Konzept" geäußert. Nach dem letzten Starkbierfest sei die Veranstaltung von Gästen gar "in Grund und Boden gestampft" worden, nun ziehe man daraus die Konsequenz und versuche "Derblecken und Party in einem" anzubieten. Das aber könne die Stadtkapelle nicht bedienen. Dass die Entscheidung für die Musiker einen Einschnitt bedeutet, kann Klement nachvollziehen, das bedeute aber keineswegs, dass man sich von der Stadtkapelle abgewendet habe. Sie werde ja auch nach wie vor finanziell unterstützt.
Eine Rolle hat nach ihren Worten auch gespielt, dass das Wolfratshauser Starkbierfest am 8. März, das Geretsrieder aber bereits am 9. März stattfindet. Weil letzteres mit der "Bunkerblasmusik" und dem "Bruder Barnabas" als attraktiv auch für Wolfratshauser gilt, habe man den zweiten Veranstaltungstag in der Loisachhalle gestrichen. Damit entfalle auch ein Auftritt. Und eine Verschiebung sei wegen der Belegung der Loisachhalle nicht möglich. Nicht glücklich ist Klement, dass der Vorsitzende der Stadtkapelle, Christian Tomsu, nur per E-Mail informiert wurde. Er sei zu der Zeit aber leider verreist gewesen.
Tomsu selbst macht aus seiner Frustration keinen Hehl. "Wir sind sehr, sehr enttäuscht", sagt er, zumal man die Gage dringend gebraucht hätte, um die Jugendarbeit voranzubringen. Einen Imageverlust für seine Musiker kann Tomsu indes nicht erkennen, der liege eher bei der Stadt, die noch nicht einmal versucht habe, einen kleineren, bühnentechnisch weniger schwierigen Auftritt im Saal zu gewährleisten. Wolfratshausen distanziere sich offenbar von seinen eigenen Vereinen. Dass die Stadtkapelle musikalische anders als die "Münchner Zwietracht" gepolt ist, räumt Tomsu ein. "Wir sehen uns in der bayerisch-böhmischen Kultur", was wiederum mit der Struktur der Kapelle zu tun habe. Für modernere, in Richtung Swing tendierende Stücke habe man nicht die geeignete Instrumentierung. So fehlen nach Tomsus Worten Posaunen und Saxofone.
Für ihn stellt sich aber auch die grundsätzliche Frage, wohin die Stadtkapelle tendieren soll. Natürlich könne man jederzeit auch Stimmung machen, "wir waren zuletzt in Manzano dabei und haben dort das ganze Festzelt zum Toben gebracht", einige seiner Musiker seien auch regelmäßig in Blaskapellen auf dem Münchner Oktoberfest engagiert. Da brauche man sich nicht zu verstecken. Die Frage sei allerdings, "ob wir das wirklich wollen". Für Tomsu, der mit 42 Jahren zwischen den Musikergenerationen angesiedelt und auch dem Modernen aufgeschlossen ist, steht jedenfalls fest: "Wir sind keine Halligalli- und Täterä-Kapelle".
Dessen ungeachtet teilt auch Kulturreferent Gollwitzer die Strategie der Stadt. "Ich stehe hinter der Entscheidung." Nach der letzten Vorstellung der Bauernbühne sei einfach keine Stimmung mehr aufgekommen, "und die Leute wollen es eben bisschen knallig, die wollen schunkeln, wie auf der Wiesn". Dem müsse man Rechnung tragen, und so gesehen sei es auch "kein schlechter Entschluss", die Münchner Musiker zu verpflichten.
Die werden wohl auch deutlich teurer sein. Über das Honorar äußert sich die Stadt naturgemäß nicht, Tomsu aber meint zu wissen, dass die Gage der "Zwietracht" ins Fünfstellige tendiert. Fest steht zumindest schon jetzt, dass die Karten deutlich, nämlich um ein Drittel teurer werden. Statt acht kosten sie nächstes Jahr zwölf Euro.