Serie:Sportwagenmotor schnurrt für Öko-Energie

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Norbert Beil und Rupert Markreiter aus Attenham produzieren Strom und Wärme mit einer ungewöhnlichen Holzvergaser-Maschine. Mit einem Energiewald wollen sie sich vom Holzpreis unabhängig machen.

Bernhard Lohr

Sie haben sich für einen V 8-Corvette-Motor entschieden, 5,7 Liter Hubraum, 250 PS - mit so was unter der Haube brausen sonst die Angeber über die Münchner Leopoldstraße. Sie lassen den Motor aufheulen und zeigen mit ihrem Corvette-Sportwagen, was für Kerle sie sind. Doch Norbert Beil hat mit seinem Schwager Rupert Markreiter den Spritfresser an die Kette gelegt. Angetrieben mit Holzgas schnurrt der in einem Maschinenraum auf Markreiters Anwesen in Attenham vor sich hin. Er treibt einen Generator an und erzeugt Wärme und Strom. Beil und Markreiter haben die Corvette zum Herz ihrer Energiezentrale gemacht.

Die beiden sind Pioniere im Landkreis. Weil sie Hackschnitzel nicht einfach verbrennen wollten, installierten sie eine Holzvergaser-Maschine der Firma Spanner. Noch bis vor kurzem galt die Technik als unausgereift und störungsanfällig. Es gibt im Landkreis gerade mal drei solcher Anlagen, und die sind in einer waldreichen Gegend wie dem Oberland eine Attraktion. Schließlich ermöglichen sie, Energieholz auf ganz neue Art in einem Blockheizkraftwerk zu nutzen. Erst kürzlich war die Waldbauernvereinigung bei Markreiter und seinem Schwager. 60 Interessierte zwängten sich durch den Maschinenraum, den neben dem aufgebockten V 8-Zylinder-Motor eine außergewöhnliche schwarz-lackierte Apparatur dominiert, die mit ihren Rohren und Kesseln aussieht, als wäre sie eine umgebaute alte Dampflokomotive.

Beil ist Abteilungsleiter in einer Maschinenbaufirma, er ist technisch interessiert und erklärt mit sichtlicher Freude, wie die Hackschnitzel über eine Steigschnecke in die Maschine wandern, dann im Reaktor landen, wo in einem gerade mal "acht bis zehn Zentimeter großen Glutbett" der heikle Prozess abläuft, in dem das Holzgas entsteht. Beil öffnet einen Filterbehälter, Kondenswasser strömt in einen Eimer, in dem Teerklumpen schwimmen. "Es riecht gleich bisserl nach Holzgas", sagt Beil, "fast so wie ein Geräuchertes." Sobald das Gas zwei Filter durchströmt hat, gelangt es in den Motor, der eine elektrische Leistung von 30 und eine Wärmeleistung von 60 Kilowatt hat. Zehn Kilowatt kommen über einen Wärmetauscher am Holzvergaser selbst hinzu. Wirkungsgrad der Anlage: stolze 87 Prozent.

Seit Beil den Motor am 19. Oktober erstmals gestartet hat, produzierte der 85 000 Kilowattstunden Strom, die - übrigens von Eon Bayern bis heute nicht vergütet - ins öffentliche Stromnetz eingespeist wurden. Mit der Abwärme werden 1200 Quadratmeter Wohnfläche beheizt. "Der Motor läuft Tag und Nacht", sagt er, und das trotz der großen Kälte meistens störungsfrei. Der starke Achtzylinder-Motor wird kaum beansprucht, er heult nicht auf wie ein Sportwagen, sondern schafft das, was Beil und Markreiter von ihm erwarten, locker im Leerlauf. Anfällig ist die Anlage an anderer Stelle. Die Hackschnitzel müssen eine bestimmte Beschaffenheit haben und trockener sein als für Feuerungsanlagen. Beil hat deshalb in Eigenbau neben den Maschinenraum und neben die Hackschnitzellagerhalle eine Trocknungsanlage gebaut. Dort wird über Lüftungsschächte die warme Motor-Abluft von unten in einen Hackschnitzelhaufen geblasen, was angeblich hervorragend funktioniert. Markreiter erzählt gerne, wie selbst frischgeschlagenes Holz auf diese Weise innerhalb von einem Tag für die Holzvergasung passend gemacht wird. Alles läuft automatisch über Förderbänder und -schnecken. Beil spricht von einer halben Stunde Wartungsaufwand am Tag, räumt aber ein, dass es am Anfang schon deutlich mehr gewesen sei. Eine Hilfe sei, dass Techniker der Firma Spanner Online die Anlage mit überwachten und ihm zur Seite stünden. "Da wird man nicht alleine gelassen."

Alleine hätte Beil den Entschluss wohl nicht gefasst, sich den Holzvergaser zuzulegen. Er hat sein Wohnhaus neben dem landwirtschaftlichen Anwesen des Schwagers stehen. Als der die alte Ölheizung erneuern wollte, kam die Frage auf den Tisch, ob sich nicht gleich beide von den fossilen Energieträgern verabschieden sollten. Holz lag dann nahe. Markreiter hat einen Forst-, Garten- und Baumpflegebetrieb, selbst etwas Wald und handelt mit Brennholz. Das Holz kann er heranschaffen, damit schließt sich für ihn ein Kreislauf.

Immerhin drei Schüttmeter Hackschnitzel oder ein Kubikmeter Holz frisst der Holzvergaser am Tag, was Markreiter angesichts steigender Holzpreise durchaus mit Sorge sieht. Rund 300 000 Euro haben die beiden nach ihren Angaben investiert und müssen jetzt darauf vertrauen, dass sich das bei der Wärmeproduktion und einer Förderung von 22,3 Cent pro Kilowattstunde Strom aus dem Erneuerbaren Energiengesetz (EEG) auch in einigen Jahren noch rechnet. Um auf Nummer sicher zu gehen, wollen sie nach dem Ölpreis mit einer Energieholzplantage auch vom Holzpreis unabhängig werden. Durchgerechnet haben sie sich das längst. Mit zehn Hektar Energiewald könnte die Anlage autark laufen. (Kasten Energiewald)

© SZ vom 24.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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