Schulstress für Lehrer:"Zerrieben" zwischen vielen Aufgaben

Lesezeit: 2 min

Lehrerverbandssprecher Peter Altstidl bedauert, dass Mittelschulrektorin Eva-Maria Hörmann wegen der hohen Belastung aufgibt.

Ingrid Hügenell

Eine Rektorin, zwei Schulstandorte: kaum zu schaffen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Das Versetzungsgesuch der Geretsrieder Mittelschulrektorin Eva-Maria Hörmann ruft viel Bedauern hervor - und Klagen über die hohe Arbeitsbelastung der Rektoren. "Man wird zerrieben zwischen den Herausforderungen", sagt Peter Altstidl. Der stellvertretende Kreisvorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands BLLV und Personalrat findet es bedauerlich, dass Hörmann zum Schuljahresende Geretsried verlässt. Ihr wurde die Belastung zu viel.

"Ewig schade", kommentiert Jörg Reiners. Der Vorsitzende des Elternbeirats und Kassier des Fördervereins der Schule bescheinigt Hörmann "wahnsinnig viel Engagement. Sie hat alles getan, was man machen kann." Womöglich habe sie zu wenig delegiert. Altstidl, Leiter der Grund- und Mittelschule Wolfratshausen, der mit Hörmann im Mittelschulverbund Isar-Loisach eng zusammen arbeitet, hat die Kollegin als "sehr engagiert" erlebt. Ihre Mittelschule sei sehr gut aufgestellt, lobt er. "Vielleicht hat man versäumt, ihr den Rücken zu stärken", sagt er.

Das Kultusministerium äußert in einer Stellungnahme "Respekt vor der persönlich nicht leichten Entscheidung" Hörmanns. Ministeriumssprecher Ludwig Unger weiß um die hohe Arbeitsbelastung der Schulleiter. Er sagt auch: "Es gehört die entsprechende Persönlichkeit dazu." Hörmann seien zu Beginn ihrer Tätigkeit in Geretsried Beratungsgespräche und ein Coaching angeboten worden. Ein solches Gespräch habe stattgefunden. "Vielleicht wäre ein Coaching nicht schlecht gewesen."

An der ungewöhnlich hohen Belastung Hörmanns hätte das aber nicht grundsätzlich etwas geändert. Elternbeirat Reiners moniert, die Rektoren müssten zu viel Verwaltungsarbeit leisten. Er hofft, dass von den 130 neuen Stellen in der Schulverwaltung, die das Kultusministerium für kommendes Schuljahr angekündigt hat, eine an Geretsried geht. Per Brief an Kultusminister Ludwig Spaenle bat er darum. In der Antwort heißt es, alle bayerischen Schulen müssten bei der Zuteilung gleich behandelt werden. Sechs zusätzliche Verwaltungsstunden, die Geretsried erhalten hatte, wurden wieder gestrichen.

Dabei ist die Arbeit in Geretsried durch den Umstand erschwert, dass aus der Karl-Lederer- und der Adalbert-Stifter-Schule auf Beschluss der Stadt eine Mittelschule wurde, mit rund 380 Schülern, verteilt auf zwei Schulhäuser, die knapp zwei Kilometer auseinander liegen. An beiden Orten präsent zu sein, ist beinahe unmöglich.

"Etwas sehr herausfordernd" nennt Altstidl die Arbeit als Rektor. Auf zwei entscheidende Punkte verweist Bernd Kraft, BLLV-Vorsitzender im Kreis und Personalratsvorsitzender.: "Die Stunden für die Verwaltung sind viel zu knapp kalkuliert. Und die Leitungszeit der Rektoren muss erhöht werden." Es gebe Schulen, an denen das Sekretariat ein oder gar zwei Tage pro Woche nicht besetzt sei. Ordentlicher Unterrichtsbetrieb sei so nicht möglich.

Altstidl unterstützt diese Aussagen mit Zahlen: Eine Grund- und Mittelschule mit 500 Schülern bekommt eine Zwei-Drittel-Stelle für eine Verwaltungskraft, eine gleich große Realschule eine Vollzeitkraft. Bei den Stunden für die Leitungstätigkeit ist es ähnlich: 19 Stunden hat ein Schulleiter an Grund- und Mittelschulen, 29 an Gymnasien. So viel weniger Stunden muss er unterrichten. Die Begründung: Die Schulämter übernähmen Verwaltungs- und Leitungstätigkeiten der Grund- und Mittelschulen. Das stimme nur zum Teil, sagt Altstidl, viel werde auf die Rektoren verlagert. Der Grund sei ein anderer: "Das ist geschichtlich gewachsen und zeigt den höheren Stellenwert des Gymnasiums."

Das Problem ist im Kultusministerium durchaus bekannt. In einer Pressemitteilung vom Januar verspricht Spaenle immerhin, die Richtlinien zur Zuweisung von Leitungszeit mit Blick auf die reale Belastungssituation zu prüfen und weiter zu entwickeln - im Rahmen der Möglichkeiten.

© SZ vom 16.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: