Schlehdorf:Sinnsuche auf Zeit

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Viele im Publikum wussten aus eigener Erfahrung, wovon da auf dem Podium die Rede war. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Bei einer Podiumsdiskussion in Schlehdorf kommen Mitglieder verschiedener Orden zu einem Schluss: Viele Menschen werden auch in Zukunft spirituelle Gemeinschaft suchen, wenn auch nicht mehr unbedingt lebenslang

Von Claudia Koestler, Schlehdorf

Den Fragen des Publikums war es zu verdanken, dass am Ende der zweistündigen Diskussion das Gespräch wieder auf das eigentliche Thema kam: Welche Impulse für das persönliche Leben können Ordensgemeinschaften heute noch geben? Das Katholische Kreisbildungswerk hatte zur Podiumsdiskussion in den Festsaal des Klosters Schlehdorf geladen. Doch erst das Publikum hakte gezielt nach und fragte nach der Zukunft von Klöstern in Zeiten, in denen die Ordensgemeinschaften auch im Landkreis über Nachwuchsmangel klagen, obwohl immer mehr Menschen auf der Suche nach Sinn und Spiritualität zu sein scheinen. Kurzum: In welchem zeitgemäßen Kontext können die Tradition und die Qualität einer klösterlichen Gemeinschaft überleben und den Menschen dienen?

Schwester Josefa Thusbaß aus dem Schlehdorfer Kloster der Missionsdominikanerinnen, Maria-Christina Eggers als Mitglied des Säkularinstituts des St.-Katharina-Werks aus Basel, der Steyler-Missionar und Pater Rudi Pöhl aus München sowie Pater Reinhard Gesing, Salesianer Don Boscos und künftiger Direktor des Klosters Benediktbeuern, diskutierten diesen Themenkomplex unter der Leitung der BR-Moderatorin Veronika Wawatschek. Und sie kamen, dem etwa 30-köpfigen Publikum sei Dank, doch noch zu einem klaren Urteil: Gemeinschaften wird aus ihrer Sicht weiterhin geben, auch wenn nicht alle diese Gemeinschaften eine dogmatische Bindung an Religionen und Institutionen haben werden.

Zunächst aber erläuterten die Podiumsteilnehmer ihren persönlichen Weg in ihre jeweilige Gemeinschaft. Allein zuteil war dabei, dass auch sie nicht immer zweifelsfrei waren auf ihrem Weg, ihren Beruf aber als Berufung sehen. Ein "orden-t-liches" Leben, so Thusbaß, stehe ihrer Ansicht nach nicht für Moral, sondern für eine Form. "Wenn man seine Pflichten nicht erfüllt, verdampft die Freude schnell", habe sie gelernt, und das gelte für ein Leben im Orden wie außerhalb. Man müsse aber auch respektieren, dass Menschen verschieden denken und jeder seinen eigenen Weg gehen müsse, sagte Thusbaß. Persönlich leite sie ein Wort: Vertrauen. "Vor ein paar Jahren hätte ich vielleicht noch Gott gesagt, aber inzwischen habe ich begriffen, dass Gott auch nur eine Chiffre ist", sagte sie. Und diese Chiffre hätte für sie ein eingeschränktes Denken zur Folge. "Man muss Vertrauen ins Leben haben und gehen, gehen, gehen", sagte Thusbaß. "Die Dinge werden gut. Vielleicht nicht so, wie ich es mir vorstelle, wie ich es will, aber es wird trotzdem gut", fügte sie an.

Pöhl hingegen kam für sich zu dem Schluss: "Man soll nicht in Wut agieren, sondern Liebe zulassen. Und ich lasse mich einfach lieben von Gott." Eggers Antrieb ist, "Beziehungen zu gestalten", was allerdings nicht alleine gehe. Kongregationen würden "vielleicht nicht mehr unserer Zeit entsprechen", deshalb sei es notwendig, "andere Formen und Gestaltungen zu finden."

Thusbaß bestätigte, dass es "rapide abwärts" gehe mit den Klostergemeinschaften. Was ihr jedoch noch mehr Sorge mache, sei, dass Neugründungen vor allem im stark konservativen Lager stattfänden. "Wir würden uns gerne nach vorne entwickeln", sagte die Schlehdorfer Missionsdominikanerin, "aber es gibt Dinge, die wir dazu nicht aufgeben wollen".

Steyler und Salesianer zwar würden noch wachsen, allerdings nicht in Europa, sagte Pöhl. Auch ihm sei klar, dass Menschen derzeit nach Zugehörigkeit und Sinn suchten, dazu aber nicht immer Klöster in Erwägung zögen. "Vielleicht müssen wir ärmer werden", überlegte er. Allerdings hegte er die Hoffnung, dass die Menschen sich wieder vom Leben in einer Klostergemeinschaft angesprochen fühlen würden, wenn das "in kürzerer Form und mit der Freiheit, auch neue Wege zu gehen, verbunden" wäre. Das unterstrich auch Thusbaß: "Menschen wollen sich nicht mehr ein Leben lang binden, der Hunger nach Spiritualität und Gemeinschaft ist aber klar da", stellte sie fest. Vielleicht fehle einfach eine gemeinsame Strategie, um "Hunger und Manna, also Glaube, zusammenzubringen", mutmaßte ein Besucher. Wawatschek hingegen schlussfolgerte, dass sich ein "orden-t-liches Leben" inzwischen "breiter gestalte als durch Disziplin". Die Zukunft der Klöster liege nach wie vor in der Möglichkeit, dort einen Platz der Kontemplation zu haben. Und der könne, müsse aber nicht von Religion abhängig sein.

© SZ vom 13.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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