Runder Geburtstag der AWO:Mit 25 Pfennig fing alles an

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Vor 100 Jahren wurde in Penzberg die lokale Arbeiterwohlfahrt gegründet. Der Ortsverein ist damit der älteste in der Region. Das wird heuer angemessen gefeiert. Einen Wermutstropfen allerdings gibt es: Fast alle historischen Dokumente sind vermutlich in den Kriegswirren verloren gegangen

Von Monika Großkopf

Mit einem Jahresbeitrag von 25 Pfennig fing es an: So viel hat die Mitgliedschaft im Ortsverein der Arbeiterwohlfahrt (AWO) kurz nach dem Ersten Weltkrieg im Jahr 1919 gekostet. Zwei Penzbergerinnen, Centa Marx und Anna Rummer, hatten von der Gründung des "Hauptausschusses für Arbeiterwohlfahrt in der SPD" in Berlin gehört - und setzten die Idee umgehend auch in ihrem Heimatort um. Sie gründeten Mittagstische und Werkstätten für alle, die selbst anpacken wollten, um die Not der Nachkriegszeit zu lindern.

Am Sonntag feiert die AWO Penzberg nun ihr 100-jähriges Bestehen. Bei dem Fest wird auf der Wiese neben der Josef-Boos-Halle eine Linde zu Ehren der AWO-Gründerin Marie Juchacz gepflanzt. Die Sozialdemokratin war eine der wenigen Frauen, die 1919 nach dem Ersten Weltkrieg in die Nationalversammlung gewählt wurden und die erste Frau überhaupt, die dort eine Rede hielt.

Ein besonderes Geschenk haben sich die Ehrenamtlichen des Penzberger Ortsvereins selbst erarbeitet. Dutzende von Mitgliedern haben ihre ganz persönlichen AWO-Erlebnisse geschildert. Entstanden ist dabei die Sammlung "Geschichte(n) unterm Lindenbaum". Von Schulspeisungen an unterernährte Kinder bis zu Senioren, die sich als Lernpaten zur Verfügung stellen, reicht die Bandbreite der Aktivitäten. Die Erzählungen zeigen wie viel der Wohlfahrtsverband in Penzberg erreicht hat und wie groß die Solidarität untereinander war und ist.

Wird in Penzberg sofort mit der Arbeiterwohlfahrt verbunden: das AWO-Senioren-zentrum im Pfründnerhaus. (Foto: Manfred Neubauer)

Auch Ute Frohwein-Sendl, seit 2008 Vorsitzende des AWO-Ortsvereins in Penzberg, hat zum 100. Jubiläum gründlich nachgeforscht. "Schriftliche Unterlagen über die AWO-Gründung in Penzberg im Jahr 1919 gibt es nicht mehr", sagt sie. "Wahrscheinlich wurden sie im Krieg vernichtet", vermutet die Penzberger AWO-Chefin. Es existiert aber ein Interview in der Penzberger Rundschau aus dem Jahr 1992 mit Centa Marx, einer der beiden Gründerinnen. Die alte Dame war damals schon 98 Jahre alt und Penzbergs älteste Einwohnerin."

In den Zeitungsausgaben der Region von 1919 war nichts zu finden. "Es war wohl nicht interessant genug, wenn junge Arbeiterinnen mit persönlichem Einsatz Suppenküchen organisierten", meint Frohwein-Sendl. "Eine Gründungsfeier hat es wahrscheinlich gar nicht gegeben. Diese Frauen haben in der harten Zeit einfach geschaut, wer braucht wo Hilfe, und haben angepackt."

Anpacken und mitmachen, so sieht soziales Engagement auch für die 1. Vorsitzende Ute Frohwein-Sendl selbst aus. Als Sozialpädagogin ist sie an der Penzberger Bürgermeister-Prandl-Mittelschule beschäftigt und begann 2004 mit der Jugendsozialarbeit ehrenamtlich für die AWO. "Ich wurde gefragt, ob ich mir etwas mit Jugendlichen und Senioren gemeinsam vorstellen kann", schildert sie. Die Idee von Begegnungstreffen zwischen Jugendlichen ihrer Schule und Senioren aus dem AWO-Zentrum wurde umgesetzt. "Die Jungen habe für die Nachmittage im Seniorenzentrum sogar Waffeln gebacken und mitgebracht", sagt Frohwein-Sendl. "Das waren sehr schöne Begegnungen und Unterhaltungen zwischen Jung und Alt."

Ute Frohwein-Sendl (Penzberg Miteinander) kritisierte, dass in Haushalt und Finanzplanung kein Geld für Sanierung oder Neubau der Bürgermeister-Prandl-Schule eingestellt wurde. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Jedes Jahr treffen sich die Ortsvereine im Kreisverband Weilheim zu einem gemeinsamen Fest. Und da der 100. Geburtstag der Penzberger Arbeiterwohlfahrt heuer mit einem anderen großen Jubiläum zusammenfällt - die Stadtgründung von Penzberg ist schließlich auch genau 100 Jahre her - wird dieses Jahr im großen Saal der Stadthalle besonders groß gefeiert.

Für Ute Frohwein-Sendl soll das Fest das Vereinsmotto wiedergeben: Zusammen, miteinander. "Wir feiern genauso zusammen, wie wir gemeinsam unsere Ziele verfolgen", sagt die AWO-Chefin. "Die Gemeinschaft und das Zusammenhelfen waren vor 100 Jahren wichtig und werden es immer bleiben", so Frohwein-Sendl.

© SZ vom 04.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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