Regionale Speisen:Wie in Omas Wohnküche

Lesezeit: 2 min

Daniela Sainer (links) und Anja Geßner betreiben das Café "Sainer Zeit" an der Seeshaupter Hauptstraße. Dort gibt es selbstgebackenen Kuchen. (Foto: Georgine Treybal)

Das "Sainer Zeit" an der Seeshaupter Hauptstraße ist mehr als ein Café. Daniela Sainer und Anja Geßner betreiben auch die Tourismusinformation

Von Sabine Bader

Café, Tourismusinfo und Laden: All das vereint das Café "Sainer Zeit" in Seeshaupt in sich. Daniela Sainer, 43, und ihre Schwägerin Anja Geßner, 37, betreiben es seit Juni vergangenen Jahres gemeinsam. Die beiden haben eine besondere Affinität zu Seeshaupt: Schon Sainers Eltern waren immer als Dauercamper in der Ortschaft am Südende des Starnberger Sees. Gewohnt hat die Familie in München, aber für Sainer stand fest: Ihre Kinder sollen auf dem Land aufwachsen. Heute hat sie zwei Kinder und sie leben in Seeshaupt. Auch ihre Schwägerin hat zwei Kinder. Die Familie lebt am anderen Ende der Ortschaft in einem Haus, das früher Anja Geßners Großeltern gehört hat. 2001 schon sind ihre Eltern von Gauting nach Seeshaupt zur Oma gezogen. Als sie starb, zog Geßner 2015 mit ihrer Familie zu den Eltern ins Haus.

Vor vier Jahren hatten die beiden Frauen die Idee, gemeinsam ein Café zu eröffnen. Ein Laden in Seeshaupt war gerade frei. Doch das Ganze zerschlug sich zunächst wieder, weil die Miete viel zu teuer war. Dann zog an der Hauptstraße das Schreibwarengeschäft aus, in dem auch die kommunale Tourismusinformation untergebracht war. Das Gebäude gehört der Gemeinde, und die Kommune musste auch die Tourismuszentrale übernehmen. Für die Fremden keine besonders gute Lösung, denn Informationen über die Ortschaft konnten sich Touristen fortan nur noch zu den üblichen Öffnungszeiten des Rathauses beschaffen. Die beiden Frauen versuchten ihr Glück und bewarben sich bei der Gemeinde um den Laden.

Viele andere taten es ihnen gleich. Für Sainer und Geßner sprach schließlich, dass sie auch bereit waren, die Tourismusinfo ins Café zu integrieren. Für Touristen ein Glücksfall. "Im Sommer kommen recht viele Touristen zu uns rein", sagt Geßner. "Wir sind ja durchgehend da." Das Mobiliar im Café ist aus Second-Hand-Läden zusammengekauft und bearbeitet. Sainer macht das gerne, Tische und Stühle abschleifen und ihnen einen neuen Anstrich verpassen.

"Wir mögen es nicht so gestylt", sagt sie. Alles darf ein wenig Patina haben, eben so aussehen, als habe man es sich in Omas Wohnküche gemütlich gemacht. "Die Leute sollen beim Kaffeetrinken runterkommen", sagt Sainer. "Und sie schätzen es, dass nicht alles so perfekt ist bei uns." Es gibt auch eine Spielecke für Kinder und Tische im Garten. Die beiden Frauen sind fachfremd: Sainer ist Ergotherapeutin und Geßner Biologin. Aber beide backen gerne. Käsekuchen, Apfel- und Aprikosentarte, Schokogugelhupf und Zimtschnecken sind ihre Spezialitäten. Und täglich gibt es ein Gericht zum Mittagstisch, auch eine kleine Speisekarte liegt aus - Tomatensuppe, Sandwiches und allerlei kleine selbst gemachte Leckerein gibt es immer.

In Gläsern an der Theke stehen Lakritz-Fische, weiße Mäuse und Gummi-Schlangen. Bestellt und bezahlt wird an der Theke. Der Bio-Kaffee, der ausgeschenkt wird, stammt aus der Seeshaupter Rösterei "Röstperle". In den Regalen stehen Produkte aus dem nahen Umkreis: Schnaps kommt aus einer Brennerei in Jenhausen, der Wein stammt vom italienischen Gut der Buchheims aus Feldafing, die Bücher von Autoren, die sich mit der Dorf- und Seegeschichte beschäftigen. An der Wand hängen Bilder einer Seeshaupter Künstlerin und auf den Fensterbrettern stehen Antiquitäten, die zum Thema Kaffeehaus passen. All das kann man im Café kaufen.

An schönen Wochenenden ist im Sainer Zeit viel Betrieb, da hilft auch Familie mit - zum Beispiel Geßners Vater Roland Zeller. Der 74-Jährige hat sich kürzlich in der Küche dem Abwasch gewidmet. Seller kommt jeden Tag, wenn er die Enkel in die Kita gebracht hat, und trinkt seinen Morgenkaffee. "Ich muss doch nach dem Rechten sehen", sagt er. Täglich vor der Arbeit kommt auch Ulrike Teterycz. Sie holt sich in einer kleinen Metallbox ihre Brotzeit ab. "Die liebevollste Brotzeit im ganzen Oberland", sagt sie, "ein Seelenschmeichler." Die Brotzeitbox kann sie abends unausgewaschen wieder dort abgeben - das ist Service.

© SZ vom 27.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: