Reden wir über:Die Bratsche des Gewinners

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Wolfgang Scharff hat das Instrument von Diyang Mei gebaut

Interview von Stephanie Schwaderer

Wolfgang Scharff fertigt am Wolfratshauser Untermarkt Instrumente, die aufhorchen lassen. Zu seinen Kunden gehören Stars wie Natalja Gutmann und Anne-Sophie Mutter. Nun hat Diyang Mei, ein junger Chinese, mit einer Bratsche aus Scharffs Werkstatt den ersten Preis beim ARD-Wettbewerb in München und den Publikumspreis gewonnen.

SZ: Herzlichen Glückwunsch, Herr Scharff. Wie fühlt es sich an, wenn die eigene Bratsche den ersten Platz belegt?

Wolfgang Scharff: Danke. Ja, das sind schöne Momente, wenn man die Früchte seiner Arbeit erntet. Es war ja keine leichte Aufgabe: Diyang musste sich als Solist im Herkulessaal gegen das BR-Orchester behaupten, und das mit diesem schweren Béla Bartók. Das war schon eine Herausforderung für den Musiker und für das Instrument.

Hatte Ihre Bratsche große Konkurrenz?

Eine war noch dabei, die war lauter. Aber das ist nicht das Erstrebenswerteste. Worauf es beim Geigenbau ankommt, ist, Kraft und Qualität im Ton zu erzielen. Und das Aussehen muss natürlich auch stimmen. Nach dem Konzert hat eine Veranstalterin zu mir gesagt, dass meine Viola wie ein altitalienisches Instrument gewirkt habe. Das liegt an der Grundierung, die ich verwende; sie ist für die Lichtbrechung verantwortlich. Zudem hatte meine Bratsche den wärmsten und charmantesten Ton.

Und bei Diyang Mei liegt sie offenbar in den richtigen Händen.

Diyang ist ein ganz lieber, ruhiger Mensch, einer zum Knuddeln, könnte man sagen. Aber wenn er auf die Bühne geht, dann hat er eine unglaubliche Präsenz! Da ist etwas tiefmusikalisch Gewachsenes in ihm. Es gibt wenige Künstler, die ihre Musikalität so spüren lassen. Er hat ja dann auch noch den Publikumspreis gewonnen.

War es schwierig, die Bratsche an seine Bedürfnisse anzupassen?

Überhaupt nicht. Bei manchen Künstlern dauert dieser Prozess Monate bis Jahre. Ich hatte die Bratsche eigentlich für Professor Hariolf Schlichtig gebaut. Als Diyang als neuer Schüler zu ihm kann, hatte er kein gutes Instrument dabei. Schlichtig hat ihm die Bratsche in die Hand gedrückt und gesagt: Probier die mal aus. Und dann hat sie ihm auf Anhieb so gut gestanden, dass er sie ihm überlassen hat; eine Stiftung hat die Kosten übernommen. Schlichtig hat daraufhin bei mir ein neues Instrument in Auftrag gegeben. Das war jenes, das ihm in der S-Bahn abhanden gekommen und seither verschollen ist. Mittlerweile habe ich ihm eine etwas größere Bratsche gebaut, mit der er jetzt noch glücklicher ist.

Wird Ihr Instrument Diyang weiterhin begleiten?

Das weiß ich nicht. Diese jungen Menschen werden bestürmt und manipuliert. Einige Leute reden ihnen ein, sie bräuchten eine Stradivari. Das Problem ist: Wir Geigenbauer sind zu viele. Je mehr Erfolg einer hat, desto mehr Neider zieht er an. Aber ich bin sportlich genug, um zu sagen: Wenn ihm einer ein besseres Instrument anbietet, muss ich mithalten - oder auf einen Kunden verzichten.

Wissen Sie noch, wo der Baum gestanden hat, aus dem Sie die Bratsche gefertigt haben?

Natürlich: Im Trentino auf 1780 Meter Höhe. Eine wunderbare Fichte, über die Jahre ganz langsam gewachsen mit einem silbrig schimmernden Stamm. Ich habe sie eigenhändig geschlagen.

© SZ vom 26.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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