Puppenkünstlerin:Christmas Elves aus Dietramszell

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Maximiliane Kiermeier fertigt Prototypen für "Lapland UK". Bei dem Adventsspektakel nahe London schlüpfen Schauspieler in fantasievolle Kostüme und führen Kinder durch eine märchenhafte Welt

Von Anja Brandstäter, Dietramszell/London

In England bekommen Kinder in diesen Tagen wunderbare Post. Der Weihnachtsmann persönlich bittet sie um Mithilfe beim Geschenkebasteln, weil die Elfen völlig überlastet sind. Wer beim Backen und Werkeln mitmachen will, fährt ins ferne Land "Lapland UK", das im Windsor Great Park bei London liegt. In der aufwendig gestalteten Weihnachtswelt werden die Kinder von lebendigen Elfen in fantasievollen Gewändern empfangen. Ihr Aussehen und ihre Eigenheiten verdanken sie einer Puppenkünstlerin aus Oberbayern: der Dietramszellerin Maximiliane Kiermeier.

Bei "Lapland UK" handelt es sich um ein Adventsspektakel, das jährlich auf einem Areal von zwei Hektar eine Elfen-Weihnachtswelt entstehen lässt. Junge Schauspielerinnen und Schauspieler verkörpern die Elfen. Am Eingang begrüßt Eeko die Besucher, eine Elfe, die sich um den Wald, die Pflanzen und die Tiere kümmert. Auf ihrem Kopf trägt sie einen Kranz aus Tannenzweigen, Blättern, Eicheln und roten Beeren und lacht freundlich aus ihren grünen Augen. Ihre Bekleidung besteht aus einer in den Farben ockergelb und rostrot gestreiften Jacke mit einem Kragen aus Eichenblättern, darunter trägt sie einen grünen Wams. Aus der olivgrünen Hose blitzen rot-weiß gestreifte Ringelsocken hervor. Die Füße stecken in lustigen Schnabelschuhen.

Zweiundzwanzig Elfen haben Maximiliane Kiermeiers Atelier bereits Richtung "Lapland UK" verlassen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Maximiliane Kiermeier hat all diese Details in einem figürlichen Modell festgelegt. Dazu fertigt sie zunächst den Kopf aus Keramikknetmasse und setzt Glasaugen ein. Wenn der Kopf getrocknet ist, was zwei Wochen dauert, kann sie ihn schleifen, grundieren und bemalen. Auch die Hände modelliert sie auf diese Weise.

Die Hauptarbeit ist die Bekleidung. Als ehemalige Absolventin der Meisterschule für Mode in München und Modedesignerin setzt sie fantasievolle Kostüme im Kleinformat um. Besonders sind allein schon die prächtigen Stoffe, die sie teilweise von einem Händler bezieht, der auch Opernhäuser und Theater in aller Welt beliefert. Häufig färbt sie auch Stoffe und bedruckt sie mit kleinen Stempeln, bis sie mit Farben und Mustern zufrieden ist. Das Regal mit Geweben in ihrem Atelier reicht vom Boden bis unter die Decke. Dort steht außerdem ein großer Tisch mit einer Nähmaschine darauf. Dazu gibt es alles, was das Designerherz begehrt: Garne in allen Farben, Knöpfe und Borten.

Die Dietramszeller Puppenkünstlerin beliefert seit fünf Jahren das Londoner Adventsspektakel mit Prototypen und Ideen. (Foto: Hartmut Pöstges)

"Ich überlege ganz genau, was die Figuren anhaben sollen", sagt Kiermeier. "Die Elfe Pixie Mixie trägt zum Beispiel ein Kleid in Form einer Torte. Ich stelle sie mir mit einer Hochsteckfrisur aus roten Haaren vor, die von einem Servierhäubchen aus dem Gesicht gehalten werden. Auf das Häubchen habe ich Plätzchen in Stern- und Herzform genäht." Kiermeier ist detailversessen, auch den Schuhen widmet sie viel Aufmerksamkeit. Pixie Mixies Füße stecken in herzförmigen Lebkuchen, die mit einem grünen Weihnachtsbaum verziert sind.

Für jedes noch so winzige Kleidungsstück fertigt die Künstlerin einen Schnitt an. Auch die Frisuren entspringen ihrer Fantasie. Die Elfe Eeko trägt zum Beispiel langes orangefarbenes Lockenhaar - im Modell besteht es aus Hanf, den sie mit Pflanzenfarben gefärbt und mit Hilfe von Stricknadeln in Form gebracht hat.

Bisher hat die Künstlerin zweiundzwanzig Charaktere für "Lapland UK" kreiert. "Jede Figur hat ihre spezifische Persönlichkeit, die lege ich fest", erzählt sie. Wie ist es zu diesem ungewöhnlichen Großauftrag gekommen?

Eeko, eine Elfe, die sich um den Wald, die Pflanzen und die Tiere kümmert, empfängt die Gäste im Weihnachtspark - dann allerdings steckt ein Schauspieler in einem maßgeschneiderten Kostüm. (Foto: Privat)

Seit dreißig Jahren stelle sie mit ihrem Mann "Maxi-Marionetten" auf der internationalen Messe "Christmas World" in Frankfurt aus, erzählt Kiermeier. Vor fünf Jahren seien Alison und Mike Battle dort auf ihre Figuren aufmerksam geworden - das Ehepaar, welches das Adventsspektakel "Lapland UK" erfunden hat und am Laufen hält. Die beiden waren damals auf der Suche nach neuen Kostümen, um ihrem Event ein neues Aussehen zu verleihen. Die "Maxi-Marionetten" begeisterten sie. Zwei Monate später reisten sie von London nach Dietramszell, um Kiermeier in ihrer Werkstatt zu besuchen. Die Ideen sprudelten nur so. Seither ist die Künstlerin unter Vertrag. Sobald sie mit einem neuen Feen-Charakter zufrieden ist, schickt sie das 50 Zentimeter große Modell zu den Battles nach England. Dort werden die Kostüme eins zu eins für junge Schauspieler maßgeschneidert. Diese wiederum schlüpfen in die jeweilige Elfenrolle und bieten den Gästen eine perfekte Illusion.

Mit Kiermeiers Figuren hat das Spektakel offenbar an Glanz gewonnen. Alleine im vergangenen Jahr seien die Besucherzahlen um 20 Prozent gestiegen, erzählt sie. Zudem lassen die Battles auch Merchandising-Produkte erstellen, die ebenfalls Kiermeiers Handschrift tragen. Ihre Entwürfe setzt ein Zeichner um, der schon für die Walt-Disney-Studios gearbeitet hat. Es gibt Stoffpuppen, Christbaumanhänger, Schneekugeln, Puzzles, Keksschachteln oder Taschen.

Die lebendige Elfe Eeko (links) und ihr Kollege Sage in "Lapland UK" - hier bei der Zeitungslektüre. (Foto: Veranstalter)

Das erklärte Ziel von "Lapland UK" ist es, den Zauber von Weihnachten für Kinder aufrechtzuerhalten. Die Organisatoren betreiben dafür eine hohen Aufwand. Für jährlich nur sechs Wochen lassen sie Blockhäuser aufstellen, eine Schlittschuhbahn installieren und 1500 Tannen drapieren. Da es in England für gewöhnlich nicht schneit, wird das ganze Gelände mit einem kompostierbaren Kunstschnee überzogen. Auch für Kiermeier geht die Arbeit nicht aus. "Lapland UK" und die Charaktere entwickeln sich stets weiter. Momentan suchen die Battles einen Weg, ihr Weihnachtswunderland auch in New York zu verwirklichen.

Infos unter www.laplanduk.co.uk

© SZ vom 05.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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