P-Seminar in Penzberg:Kriminelle Leistung

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Von wegen Idylle: Neun Gymnasiasten wissen gar schaurige Geschichten aus Penzberg zu erzählen. Am Samstag stellen sie auf Gut Hub ihren Sammelband "Zefix, wer liegt denn da?" vor.

Von Stephanie Schwaderer

Gute Nerven sollte man schon haben am Penzberger Gymnasium. Da wird nicht nur gemobbt und intrigiert. Ein Patient aus dem benachbarten Krankenhaus etwa, der ausbüxt und über den Zaun in den Pausenhof steigt, wird Zeuge eines Verbrechens. Das Opfer im kleinen Amphitheater am Bach - eine wehrlose Gymnasiastin. Kein Schmarrn! Denn wenn die Schüler des P-Seminars "Krimi-Werkstatt" etwas gelernt haben, dann das: Schlüssig muss so ein Fall schon sein.

"Man bringt niemanden wegen seines Taschengeldes um", erklärt Deutschlehrerin Ursula Kunstmann, die das P-Seminar ausgeheckt hat. Zum Einstieg hat sie mit ihrem Kurs ein zweitägiges Schreibtraining bei der Kölner Autorin Elke Pistor absolviert, bei dem auch sie noch einiges lernen konnte. Zum Beispiel, dass es gar nicht so einfach ist, einen guten Heimat-Krimi zu schreiben. "Die Geschichten sind in diesen beiden Tagen immer tiefgründiger und immer schlimmer geworden", erzählt sie.

Die größte Herausforderung sei es gewesen, aus "netten Ideen" einen stimmigen Plot zu entwickeln - eine Aufgabe, die jeden einzelnen dazu gezwungen habe, immer tiefer in die Psyche seines Übeltäters vorzudringen. "Die meisten sind irgendwann bei grausamen Erlebnissen in der Kindheit gelandet."

Ansonsten gab es in der Krimi-Werkstatt zunächst nur die Vorgabe, dass alle Fälle in Penzberg und Umgebung spielen sollten. Entsprechend vielfältig fielen die Geschichten aus: In Maxkron wird eine junge Frau von ihrem Exfreund festgehalten, am Penzberger Friedhof gibt sich die Mafia ein Stelldichein, und in den Schrebergärten hinterm Bahnhof gedeiht das Verbrechen. Auch ein Stück Stadtgeschichte wird lebendig, wenn ein US-Ermittler sich auf die Suche nach Faschisten macht und mitten in die historisch reale Penzberger Mordnacht gerät.

Für manch einen Schüler entwickelte sich allerdings auch der Schreibprozess zu einem Krimi und einem Wettlauf mit der Zeit. "In der Nacht vor dem Abgabetermin sind die letzten fertig geworden", erzählt Kunstmann. Nicht minder aufregend habe sich anschließend die Aufgabe gestaltet, mit Hilfe eines Internetverlags aus den Kurzgeschichten ein Buch zu machen. "Zefix, wer liegt denn da?", heißt der Sammelband, der mittlerweile schon 300 mal verkauft wurde. Denn auch das gehörte zum P-Seminar: Ein Produkt zu erstellen und zu vermarkten. "Diesen ganzen Prozess einmal vom Anfang bis zum Ende zu durchlaufen, war sehr interessant", sagt Sandra Schatz, eine Schülerin. "Aber das Spannendste war schon das Schreiben."

Ursula Kunstmann hat vor fünf Monaten eine Tochter geboren, befindet sich in Elternzeit und bevorzugt gerade Literatur ohne Leichen. Ihre neun Autoren hingegen stecken noch mitten im Abi-Stress. Am Samstag haben sie doppelten Grund zu feiern. Zum einen sind dann die letzten Prüfungen vorbei, zum anderen wird ihr Buch noch einmal in den Blickpunkt gerückt, mit einer Kriminacht beim Tollhub-Festival auf Gut Hub.

Neben Sandra Schatz werden drei weitere Abiturienten ans Lesepult treten und zeigen, was sie zum Abschluss ihrer Gymnasialzeit gelernt haben: Dass nicht nur Schreiben, sondern auch Lesen eine Kunst ist. Dies hat ihnen der Penzberger Autor Stefan Koenig vermittelt, der ihnen eigentlich nur noch ein paar Tipps zu ihren Geschichten hatte geben wollen. Als er merkte, dass es mit der Vortragskunst der jungen Schriftsteller noch recht haperte, warf er kurzfristig das Programm um.

"Am Anfang habe ich gedacht, das wird nie etwas", gesteht ihre Lehrerin, "zu schnell, zu leise, vernuschelt." Um so erfreulicher sei nun das Resultat: "Unglaublich, wie sie sich gesteigert haben!" Auf Gut Hub dürften die letzten Exemplare der Krimisammlung verkauft werden. Der Erlös kommt unter anderem der Penzberger Tafel und einem Kinder- und Jugend-Projekt in Rumänien zugute. Wer kein Buch mehr erwischt, muss viel Geduld und gute Nerven haben: Die Exemplare in der Schulbibliothek sind permanent ausgeliehen

© SZ vom 28.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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