Ohne Gegenliebe:Kreis-Grüne scheitern mit Antrag

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Barrierefreiheit am Brauneck: Landrat Josef Niedermaier kritisiert Vorschlag als "Zeitdiebstahl"

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

Inklusion, also die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben, ist den Kreis-Grünen ein Anliegen. Sie hatten im Kreis- und im Infrastrukturausschuss des Kreistags den Antrag gestellt, Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) möge seinen Einfluss geltend machen, damit die Brauneck Bergbahn ihre Gondeln so umrüstet, dass Rollstuhlfahrer diese barrierefrei nutzen können. Der Kreis hält drei Prozent an der Bergbahn. In den beiden Ausschüsse stieß der Antrag, den Grünen-Kreisrätin Barbara Schwendner vortrug, auf keine Gegenliebe. Er wurde abgelehnt. "Das heißt nicht, dass wir keine Behinderten auf dem Brauneck haben wollen", versicherte Landrat Niedermaier.

Das Brauneck sei ein beliebtes touristisches Ausflugsziel und müsse für alle zugänglich sein, sagte Schwendner. Die Talstation sei kein Problem für Rollstuhlfahrer. Auch das Panorama-Restaurant sei barrierefrei. Doch eben die Kabinen der Bergbahn selbst seien es nicht. Zwar würden die Mitarbeiter Rollstuhlfahrern helfen, indem sie sie in die Gondeln heben und ihnen oben am Berg wieder heraushelfen, sagte Schwendner. Doch wünschenswert wäre es, wenn die Rollstuhlfahrer aus eigener Kraft in die Gondeln kämen. Abhilfe könnten speziell umgerüstete Kabinen schaffen. Da Landrat Niedermaier im Aufsichtsrat der Brauneck Bergbahn sitze, solle er dies durchsetzen.

Niedermaier zeigte sich von dem Vorschlag gar nicht angetan. Die Kreis-Grünen hatten die erste Anfrage zu diesem Thema bereits im November 2018 gestellt. Schon damals fand der Landrat den Antrag überflüssig. Denn die Mitarbeiter der Brauneck Bergbahn würden Rollstuhlfahrern stets gerne helfen, in die Gondeln zu kommen und die Aussicht auf dem Berg zu genießen, sagte er. Dennoch habe er diese erste Anfrage an die Geschäftsleitung der Bergbahn weitergegeben, "weil wir hier überhaupt nicht entscheidungsbefugt sind". Auch gebe es längst eine Antwort darauf. Nur weil diese für die Grünen nicht zufriedenstellend gewesen sei, käme nun der Antrag in den Ausschüssen daher. Der sei "ein Schmarrn", sagte Niedermaier.

Ein barrierefreier Ausbau der Bergbahn, die in den 1950er-Jahren errichtet wurde, würde das "Gesamtsystem" derart verändern, dass keine seilbahnaufsichtliche Genehmigung mehr erteilt werden könnte - unter anderem weil die Bergungssicherheit bei einem Notfall nicht gegeben sei. Die Folge sei, erklärte der Landrat, dass die Bergbahn komplett neu gebaut werden müsste. Dann könnte die Barrierefreiheit hergestellt werden. Das Ein- und Aushängen speziell umgerüsteter Gondeln sei im alltäglichen Betriebsablauf nicht machbar. Niedermaier erklärte, dass jedes Mal, wenn ein Rollstuhlfahrer die Bergbahn nutzen wollte, diese komplett gestoppt werden müsste.

Das Thema Umbau habe Bergbahn-Chef Peter Lorenz mit dem TÜV und der Seilbahnaufsicht durchgespielt und das Ergebnis dieser Gespräche den Kreis-Grünen auch mitgeteilt. "Aber stellt's den Antrag. Stimmt's zu und ich bring ihn in den Aufsichtsrat", sagte Niedermaier. "Und das nächste Mal im Ausschuss erzähle ich dasselbe wie heute, nämlich dass es technisch nicht machbar ist." Aus diesem Grund sei der Antrag für ihn nichts anderes als "Zeitdiebstahl".

Die Grünen hätten keinerlei Stellungnahme von der Bergbahn erhalten, dass die Umrüstung technisch nicht machbar sei, meinte Schwendner. Sollte dem so sein, "hätten wir das gerne schriftlich". Dann solle ihre Fraktion die Bergbahn direkt anschreiben, erwiderte der Landrat. Schwendner regte an, den Punkt zu vertagen. Da riss Niedermaier der Geduldsfaden: "Wir vertagen da nix, weil ich wirklich andere Themen habe."

Gegen die Stimmen von Schwendner und Klaus Koch (beide Grüne) wurde der Antrag abgelehnt. Im Aufsichtsrat ansprechen will Niedermaier indes einen Punkt, den Kreisrat Michael Müller (CSU) thematisierte. "Ich habe gehört, dass Begleitpersonen von Behinderten bezahlen müssen. Vielleicht könnte man das noch einmal aufgreifen", bat er.

© SZ vom 12.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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