Notlage bei Unterkünften:Vielen bleibt nur die Obdachlosen-Unterkunft

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Die Stadt Geretsried hat - anders als viele kleinere Kommunen - ein Obdachlosenhaus. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Anerkannte Flüchtlinge finden nur schwer Wohnungen. Die Kommunen müssen sie unterbringen

Überall im Landkreis machen Flüchtlingshelfer die Erfahrung, wie schwierig es ist, für anerkannte Flüchtlinge eine Wohnung zu finden. "Es heißt dann immer: Die Wohnung ist schon weg", berichtet eine Ehrenamtliche aus Geretsried. Nur ganz selten gelinge es, und wenn, dann am ehesten noch über Beziehungen. Rechtlich ist die Situation eindeutig: Wer nicht mehr im Status des Asylbewerbers ist, hat auch keinen Anspruch auf Unterbringung durch die Behörden. Das Landratsamt ist zwar so großzügig, die sogenannten Fehlbeleger in den Asylunterkünften bleiben zu lassen, doch eine dauerhafte Lösung ist dies schon wegen des weiterhin steigenden Bedarfs an Plätzen für Asylsuchende nicht.

Klaus Köhler, im Landratsamt für das Ausländerwesen zuständig, spricht von einem Pulverfass: Für Asylberechtigte, die keine eigene Bleibe finden, seien die Gemeinden zuständig, und von diesen hätten die wenigsten Obdachlosenunterkünfte, müssten also ihrerseits Hotelzimmer oder Wohnungen anmieten.

Es handle sich um "ein wirklich, wirklich riesengroßes Problem", sagt Ines Lobenstein, beruflich Obdachlosenbetreuerin in Wolfratshausen und ehrenamtlich Koordinatorin der Flüchtlingshelfer. In Wolfratshausen habe man bisher noch Glück gehabt und Wohnungen gefunden, aber es sei abzusehen, dass es so nicht bleiben werde. Asylberechtigte ohne eigenes Einkommen haben denselben Anspruch auf Hartz IV wie Deutsche - aber, so Lobenstein, noch größere Probleme damit. "Wer schon mal einen Hartz -IV-Antrag gesehen hat, weiß, dass es ein Deutscher kaum hinkriegt, den auszufüllen", sagt sie, für Ausländer sei es noch viel schwerer. Da könne es durchaus zu Fehlern kommen - "und dann wird Hartz IV gekürzt". So gesehen könne sie die Befürchtungen mancher Wohnungseigentümer verstehen, die lieber nicht an Flüchtlinge vermieten wollten. Hinzu kämen die vom Jobcenter festgelegten Mietobergrenzen: Eine "Fehlbelegerfamilie" mit drei Personen dürfe für maximal 500 Euro kalt mieten: "Es ist vollkommen unrealistisch, hier zu solchen Preisen Wohnraum zu finden", sagt die Obdachlosenbetreuerin. Die Flüchtlinge wollten ja keine Paläste beziehen, sagt sie. Sie habe gerade eine dreiköpfige Familie betreut, die bereit war, mit zwei Zimmern vorlieb zu nehmen. Aber selbst die gebe es hier nicht für 500 Euro kalt. Für Lobenstein ist klar: "Wir brauchen dringendst Sozialwohnungen." Und man solle sich da nichts vormachen, sagt sie: "Da muss der Staat einspringen, andere Leute werden keine Sozialwohnungen mehr bauen."

Solange noch Sozialwohnungen verfügbar gewesen seien, habe man tatsächlich eher anerkannten Flüchtlingen zu einer Bleibe verhelfen können, sagt die ehrenamtliche Geretsrieder Betreuerin. Aber, das ist in Geretsried bekannt, die Baugenossenschaft hat schon lange keine Wohnung mehr frei. "Im Moment ist es wirklich schwierig, auch Deutsche finden ja keine Wohnung", sagt die Flüchtlingshelferin.

Aktuell betreue der Geretsrieder Helferkreis einen Syrer, der anerkannt wurde und nun seine Frau und die Kinder nachholen dürfe. Sie kommen in einer guten Woche hier an - "und werden wahrscheinlich direkt in die Obdachlosenunterkunft ziehen müssen". Denn das Landratsamt duldet zwar, dass der Mann weiterhin im Asyl-Container bleibt, aber seine Familie darf dort nicht aufgenommen werden - es wäre auch gar kein Platz. "Es ist wirklich Zeit, dass hier gebaut wird", sagt die Helferin, "nicht nur wegen der Flüchtlinge."

© SZ vom 30.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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