Not-Asyl am Tölzer Gymnasium:Bedenkliche Bitte

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Der Hinweis an Eltern, die Impfungen der Kinder zu überprüfen, ist selbstverständlich. Wenn der Anlass dafür die Ankunft von Flüchtlingen ist, kann das Ängste schüren.

Von Klaus Schieder

Es ist auf den ersten Blick einleuchtend, wenn der Leiter des Tölzer Gymnasiums die Eltern in einem Schreiben darauf hinweist, den Impfstatus ihrer Kinder zu überprüfen. Damit kommt er seiner Sorgfaltspflicht nach - obgleich es eine Selbstverständlichkeit sein sollte, dass Gymnasiasten an einer Einrichtung mit rund 1200 Schülern und 120 Lehrkräften richtig geimpft sind. Zumindest unglücklich, wenn nicht bedenklich wird eine solche Bitte jedoch, wenn sie sich auf die Ankunft von 150 Flüchtlingen bezieht. Dann impliziert sie, dass von diesen Menschen eine große Gesundheitsgefahr für die Kinder und Jugendlichen ausgeht. So werden ohnehin bestehende Ängste unter den Eltern nur geschürt.

Und das ohne Not. Alle Erfahrungen zeigen bislang, dass nicht mehr Asylsuchende an infektiösen Krankheiten wie Tuberkulose leiden als Einheimische auch. Außerdem ist alles getan, damit sich Gymnasiasten und Flüchtlinge in Bad Tölz nicht nahe kommen. Eine Trennwand teilt das Schulgelände vom Erstaufnahme-Quartier in der Turnhalle ab, für beide Gruppen gibt es jeweils eigene Eingänge. Die Schüler erhalten ihr Essen in der Mensa, die Schutzsuchenden in der Sporthalle. Hinzu kommt, dass die Neuankömmlinge in den ersten beiden Wochen nach und nach von Ärzten im Landratsamt intensiv untersucht und gegebenenfalls gleich ins Krankenhaus eingewiesen werden. Unterm Strich ist das Risiko einer Ansteckung also minimal.

Das besteht allenfalls umgekehrt, denn die meisten Flüchtlinge sind in ihrer Heimat nicht ausreichend geimpft worden. "Bedenklichkeiten", wie Vorleuter schreibt, gibt es eher für sie. Zumal dann, wenn etwas Ähnliches passiert wie anfangs in Icking. Dort, sagt Abteilungsleiter Thomas Bigl vom Landratsamt, habe man nicht die Asylbewerber vom Schulgebäude, sondern neugierige Gymnasiasten mit einiger Mühe von der Turnhalle fernhalten müssen.

© SZ vom 19.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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