Neue Pläne für die Isar:So einfach kann Naturschutz sein

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Die Deutsche Tamariske, ein kleiner Strauch, besiedelt die Kiesbänke der Isar. Die Pflanze ist selten geworden. (Foto: Manfred Neubauer)

Alte Bäume stehen lassen, keine neuen Fichten pflanzen: Diese und eine ganze Reihe weiterer Maßnahmen sehen die neuen Pläne für die Obere Isar vor. Verpflichtend sind die aber nur für Behörden, nicht für die Bürger

Von Ingrid Hügenell, Bad Tölz-Wolfratshausen

80 000 Tier- und Pflanzenarten gibt es schätzungsweise in Bayern. Genau weiß man es nicht, denn nur etwa 30 000 sind schon erforscht. Was man aber weiß: Von diesen 30 000 sind etwa 40 Prozent gefährdet. So oder ähnlich sieht es überall in Europa, auf der ganzen Welt aus. Die Zahlen nannte Martin Bachmann vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Ebersberg bei der Vorstellung der Schutzziele für die Obere Isar im Rahmen des Natura-2000-Verbunds.

Die Europäische Union hat schon vor bald 25 Jahren beschlossen, in diesem Rahmen etwas für den Naturschutz zu unternehmen. Längst weiß man, dass man Arten nur schützen kann, wenn man ihren Lebensraum, ihr Biotop, erhält. Die EU hat deshalb 1992 die FFH-Richtlinie erlassen. Europaweit wurden so etwa 20 Prozent der Flächen unter Schutz gestellt. Im Landkreis gibt es 18 FFH-Gebiete, für die nach und nach Management-Pläne erstellt wurden. Der Name steht für Flora-Fauna-Habitat, was nichts anderes bedeutet als Lebensräume für Tiere und Pflanzen.

Die Isar als einer der wenigen typischen Alpenflüsse, die noch in einem naturnahen Zustand sind, bildet von der österreichischen Grenze bis München ein solches Schutzgebiet, der Abschnitt im Landkreis samt den Auwäldern umfasst 4670 Hektar - das größte FFH-Gebiet im Landkreis. Die Gebiete sollen mindestens im gegenwärtigen Zustand erhalten bleiben.

Kürzlich wurde der Management-Plan dafür im Tölzer Landratsamt vorgestellt und mit Grundstückbesitzern, Naturschützern und Behördenvertretern diskutiert. Für Privateigentümer und Nutzer ist der Plan nicht verbindlich, er listet aber auf, welche Maßnahmen wünschenswert wären. Ein Beispiel sind "Biotop-Bäume". Das sind alte, teilweise morsche Bäume, die häufig teilweise ausgehöhlt sind. Solche Baumhöhlen nutzen gerne Vögel als Wohnung, zum Beispiel der Waldkauz, Vogel des Jahres 2017. Da wird Artenschutz ganz einfach: Man muss die Bäume nur stehen lassen. Für die Forstwirtschaft haben sie keinen Nutzen, weshalb sie häufig geschlagen werden. Im Management-Plan für die Obere Isar ist nun festgelegt, wie viele Biotop-Bäume in einem Hektar Wald vorhanden sein sollten. Private Waldbesitzer können über ihren Förster Ausgleichszahlungen beantragen, wenn sie solche Bäume im Wald belassen.

Angaben macht der Plan auch dazu, welche Baumarten in welchem Wald-Lebensraum in welchem Verhältnis vorkommen sollen. Vor allem der Anteil der Fichten darf dabei meist nicht zu hoch werden. Nur Behörden sind an die Vorgaben gebunden. Private Besitzer müssen bei der Bewirtschaftung lediglich beachten, dass sie den Zustand der Lebensräume nicht verschlechtern. Das heißt, dass staatliche Forstämter verpflichtet sind, Fichten herauszunehmen, wenn es zu viele davon in ihren Wäldern gibt. Private Besitzer dürfen keine neuen Fichten anpflanzen, wenn ihr Anteil dadurch zu groß würde. Wächst die Fichte aber von selbst nach, ist das keine aktive Verschlechterung, der Waldbesitzer muss nichts dagegen tun. Insgesamt sind die Wälder entlang der Isar dem Plan zufolge in einem guten Erhaltungszustand, die Offenland-Lebensräume an der Isar sogar in sehr gutem oder guten. Einigen Tier- und Pflanzenarten geht es teilweise schlechter, etwa dem Huchen, einem großen Fisch aus der Lachsfamilie. Um ihm zu helfen, müsste die Isar dort, wo Kraftwerke oder Wehre sind, wieder durchgängiger werden.

Wie die Umsetzung des Plans auszusehen hat, dazu gab es bei seiner Vorstellung einige Fragen. Die ganz große Aufregung blieb in Bad Tölz aber aus, was womöglich auch daran liegt, dass inzwischen Karten vorliegen, in denen die Grenzen der FFH-Gebiete präzise eingezeichnet sind. Die ersten Karten waren so ungenau, dass teilweise Friedhöfe oder Bundesstraßen als zu schützende Gebiete ausgewiesen waren.

Nur kurz angeschnitten wurde das Thema Besucherlenkung. Die vielen Erholungssuchenden und Freizeitsportler sind weniger für die Wälder, aber umso mehr für den Fluss selbst ein Problem.

© SZ vom 29.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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