Neu:Mehr Zeit für Inklusion

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Felicitas Wolf ist die neue Beauftragte des Landkreises für Menschen mit Behinderung

Von Petra Schneider, Bad Tölz-Wolfratshausen

Vor sieben Jahren ist die UN-Konvention in Kraft getreten, die Menschen mit Behinderungen eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen soll. Passiert ist seither wenig: Eine kürzlich veröffentlichte Prüfung kritisiert, dass die Bundesrepublik ihren Verpflichtungen nur sehr unzureichend nachkomme. Im Landkreis will man sich dem Thema nun stärker widmen und hat dafür eine Stelle zur "Inklusionsgestaltung" geschaffen: Felicitas Wolf, die seit zwei Jahren im Landratsamt im Fachbereich Senioren arbeitet, wird sich künftig in acht Wochenstunden der Inklusion im Landkreis widmen.

Die Integrationsbeauftragte Felicitas Wolf will Netzwerke für die Inklusion schaffen, (Foto: Manfred Neubauer)

Bisher war das Thema im Bereich Senioren angesiedelt. Die 27-jährige Soziologin, die in Wolfratshausen wohnt, stellte sich beim Stammtisch des Arbeitskreises für Menschen mit Behinderungen am Donnerstag vor. In dem ehrenamtlichen Arbeitskreis sind Verbände, Vereine, Selbsthilfegruppen, Einrichtungen und Privatpersonen vernetzt, die sich im Landkreis für die Belange von Menschen mit Behinderungen einsetzen. 21 Teilnehmer waren ins Landratsamt gekommen, die engagiert und zum Teil kontrovers diskutierten. Denn die Frage, was Inklusion bedeutet, wird unterschiedlich beantwortet: Die einen betrac hten sie als Aufgabe, dem individuellen Förderbedarf von Menschen mit Behinderungen in speziellen Einrichtungen gerecht zu werden, wie das die Lebenshilfe sieht. Die anderen interpretieren sie hingegen als Verpflichtung, Strukturen so zu verändern, dass jeder überall dabei sein kann und nicht in "Sondereinrichtungen" vom normalen Alltagsleben abgetrennt wird, wie dies die Eglinger Behindertenbeauftragte Marlies Korntheuer formulierte.

Die Inklusion besteht für die Eglinger Behindertenbeauftragte Marlies Korntheuer nicht in "Sondereinrichtungen". (Foto: Hartmut Pöstges)

Wolf machte klar, dass sie in ihrer neuen Funktion keine Planungs- und Beratungsfunktionen übernehme. Dies sei Sache des Bezirks und des Behindertenbeauftragten im Landkreis. Vorhandene Strukturen erfassen, Netzwerke schaffen, Kommunikation zwischen den verschiedenen Akteuren initiieren und die Anliegen der Betroffenen in die Politik einbringen - all dies nannte sie als ihre Aufgaben. Dabei will Wolf die verschiedenen Lebenssituationen vom Kleinkind- bis zum Seniorenalter einbeziehen. Derzeit sei sie damit beschäftigt, eine Übersicht zu erstellen, wo Menschen mit Behinderungen Anträge stellen müssten. Wolf hatte sich gewünscht, dass beim Stammtisch eine Themensammlung erarbeitet und Problemfelder benannt werden. Stattdessen wurden Grundsatzfragen diskutiert und der neuen Inklusionsbeauftragten eindringliche Ratschläge erteilt: Menschen mit Behinderungen seien keine homogene Gruppe, hieß es. Rollstuhlfahrer, geistig Behinderte, Hörbehinderte, psychisch Kranke, Hochbegabte - sie alle hätten ganz unterschiedliche Bedürfnisse. Diese könnten nur im Dialog mit den betroffenen Menschen erfahren werden.

"Wir sind hier im Arbeitskreis für Menschen mit Behinderung, aber kein einziger ist da", kritisierte Lebenshilfe-Geschäftsführer Franz Gulder. Stefan Sobek warnte vor einer "Zwangsinklusion", wenn man ohne die Betroffenen plane. Wolf dankte für die Anregungen und versprach, sie zu berücksichtigen. Auch von den Teilnehmern wurde die Möglichkeit zum gegenseitigen Austausch gelobt und der Inklusionsbeauftragten Unterstützung zugesichert.

© SZ vom 13.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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