Nachfolgefragen:So klappt der Übergang reibungslos

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Gerhard Knill ist selbst in das Betonwerk Kühne seines Schwiegervater eingestiegen. Der ließ ihn früh viel entscheiden. (Foto: Hartmut Pöstges)

Wirtschaftsförderer Andreas Ross und Gerhard Knill von der Mittelstandsunion geben Tipps

Von Benjamin Engel, Bad Tölz-Wolfratshausen

Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen dominieren kleine bis mittlere Unternehmen den Wirtschaftssektor. Sie sind es, die die Mehrheit der Arbeitsplätze schaffen und es sind Unternehmen, die zu einem Großteil noch in Familienhand sind. Nach den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (Stand: Juni 2016) gab es im Landkreis 4077 Unternehmen mit mindestens einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Rund 35 700 Mitarbeiter hatten diese Betriebe. In nur 44 Unternehmen waren mehr als hundert Personen tätig. Für das Forstbestehen der Betriebe zählt es zu den zentralen Aufgaben, die Nachfolgefrage zu regeln.

Das kann leicht zu Spannungen führen, besonders in familiengeführten Unternehmen. Viele Firmeninhaber wünschten sich, dass der eigene Nachwuchs die Geschäfte weiterführe, erklärt der Wirtschaftsförderer im Tölzer Landratsamt, Andreas Ross. Das aber könne schnell problematisch werden, etwa wenn der bisherige Chef nicht loslassen könne. "Es kommt durchaus vor, dass die ältere Generation im Unternehmen so sehr mit der jüngeren zerstritten ist, dass diese wieder aussteigt." Die "Chemie" müsse eben stimmen, sagt Ross. In den meisten Fällen aber funktioniere der Übergang in der Führung der Unternehmen im Landkreis reibungslos. Um einen glatten Übergang zu schaffen sei es wichtig, die Nachfolgefrage langfristig zu planen, erklärt der Wirtschaftsförderer. Der Zeitablauf müsse gemeinsam genau festgelegt werden. Rechtliche und steuerliche Aspekte seien im Prozess zu klären, etwa zu den Kosten der Übernahme oder die Frage nach einer Leibrente für den bisherigen Firmeninhaber. Das spiele meist dann eine besondere Rolle, wenn kein Nachfolger innerhalb der Familie oder unter den Mitarbeitern gefunden werden könne. In solchen Fällen helfen laut Ross die Industrie- und Handelskammer (IHK) oder die Handwerkskammer mit Beratern weiter.

Über die Internetbörse "nexxt-change" können sich Betriebsinhaber auf Nachfolgesuche mit Existenzgründern vernetzen. Für den Landkreis sind auf dem Portal aktuell zwei Verkaufsangebote zu finden: ein Sanitär- und Heizungsbaubetrieb sowie ein Papeterie-Geschäft in Geretsried.

Für Gerhard Knill, den Kreisvorsitzenden der Mittelstandsunion (MU), ist das eines der Instrumente, um sicherzustellen, dass ein Betrieb weiter bestehen kann. Er selbst ist vor rund 27 Jahren in den Betrieb seines Schwiegervaters eingetreten - die Betonwerk Kühne GmbH. Heute ist er dort Geschäftsführer.

Nach Knills Erfahrung ist im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen die Übernahme eines Betriebs durch die jüngere Familiengeneration der Regelfall. Doch das sollte lange geplant sein, sagt auch Knill, denn: "Die Übergangsphase dauert fünf bis zehn Jahre." Damit beginne ein Entwicklungs- und Lernprozess für beide Seiten. Es sei wichtig, dass der Nachfolger fachlich in den Betrieb hineinwachse. Er müsse aber auch Entscheidungskompetenzen entwickeln. "Mein Schwiegervater hat mich an sehr viele Dinge rangelassen", erzählt Knill. Sich frühzeitig mit der Nachfolgefrage zu beschäftigen, empfiehlt er insbesondere wegen der Banken und Kreditinstitute. Denn diese verlangten eine Klärung, wie es mit dem Unternehmen weitergehe, etwa bei der Kreditvergabe. Wenn es noch keinen Nachfolger gebe, werde es schwieriger, an Geld zu kommen.

Bevor Kinder in das familieneigene Unternehmen einsteigen, sollten sie nach Ansicht von Knill unbedingt außerhalb Erfahrung sammeln. Das beginne schon bei der Ausbildung. Die sollte möglichst in einem anderen als dem elterlichen Betrieb stattfinden. "Niemand sollte nur in der eigenen Suppe kochen. Es tut gut, andere Erfahrungen zu sammeln." Dadurch entwickle sich ein wichtiges Maß an Selbständigkeit und die wertvolle Fähigkeit, aus einer anderen Perspektive auf den familieneigenen Betrieb zu schauen.

© SZ vom 10.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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