München-Land Süd:Auf Herausforderungen reagieren

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Prominente Namen stehen auf der Liste der 14 Direktkandidaten. Einig sind sich fast alle, dass Wohnen und Verkehr die größten Themen für den Stimmkreis seien. Doch auch Soziales und Umweltschutz nehmen Platz ein

Kerstin Schreyer, CSU

"Als Diplom-Sozialpädagogin und Mutter sind mir vor allem soziale Themen sowie Familienpolitik besonders wichtig", sagt Kerstin Schreyer. Seit März ist die 47-Jährige Ministerin für Familie, Arbeit und Soziales in Bayern. Schreyers Ansicht nach ist das größte Problem des südlichen Landkreises München "eigentlich eine Stärke", nämlich seine Wirtschaftskraft, die viele Neubürger anziehe. Für die Probleme, die sich durch den hohen Zuzug ergäben - steigende Mieten, knapper Wohnraum, hohes Verkehrsaufkommen, hohe Emissions- und Lärmbelastung -, gebe es keine "Patentlösung". Um die Situation zu verbessern, seien viele voneinander unabhängige Maßnahmen nötig. "Um diese Schritte einleiten zu können, ist es besonders wichtig, dass die Stadt München endlich beginnt, lösungsorientiert mit dem Landkreis zu kooperieren", fordert Schreyer.

Markus Büchler, Bündnis 90/Die Grünen

Markus Büchler, Jahrgang 1973, will sich besonders dafür einsetzen, die Lebensqualität im Münchner Umland zu erhalten und zu steigern, und das "trotz des starken Bevölkerungswachstums". Der zweifache Vater hat Landschaftsarchitektur und Philosophie studiert und in Geschichte promoviert. Seit 1991 ist er Mitglied der Grünen. Verkehr und knappen Wohnraum zählt er mit zu den drängendsten Problemen im Landkreis München und will "mit einem massiven Ausbau des ÖPNV" und sicheren Radwegen Alternativen zum Stau auf den Straßen schaffen. "Um die Wohnungsnot zu lindern, wollen wir wieder Sozial- und Werkswohnungen bauen sowie Genossenschaften fördern."

Natascha Kohnen, SPD

Für Natascha Kohnen, 50, ist Wohnen die soziale Frage der Zeit. Die Diplom-Biologin und zweifache Mutter fordert, dass der Freistaat "beherzt" Geld investieren und selber bauen müsse. Spekulationen mit Bauland müssten bekämpft werden. Familien will Kohnen mit einer beitragsfreien Kita und verlässlichen Ganztagsschulen stärken. Sie fordert außerdem eine eigenständige Grundsicherung für Kinder. "Auch im Landkreis München müssen wir es schaffen, dass sich jeder sein Dach über dem Kopf leisten kann", so die Spitzenkandidatin der SPD. Zudem sei die Mobilität für alle wesentlich, Investitionen in ÖPNV und Infrastruktur daher "überfällig". Darüber hinaus fordert sie ein bayerisches Bildungsticket sowie spezielle Tickets für Senioren und Bedürftige.

Ilse Ertl, Freie Wähler

Auch für die 53-Jährige sind "Wohnungsnot und Verkehr die größten Probleme im Ballungsraum München". Ihr Lösungsansatz: den Glasfaserausbau auf dem Land massiv vorantreiben, denn sobald Internet vor Ort sei, könnten sich Firmen ansiedeln, die Bürger anziehen. "Nur so können wir auch die gleichwertigen Lebensverhältnis von Stadt und Land garantieren." Die Tierärztin will zudem der Schließung von Geburtsstationen, Notaufnahmen und Krankenhäusern "unbedingt entgegenwirken" und mehr Kurzzeitpflegeplätze schaffen. Dem Thema Bildung begegnet Ertl mit der Forderung nach einem Recht auf Ganztagsschule, nach mehr Lehrern und damit, die Befristung von Arbeitsverträgen von Lehrkräften zu unterbinden. Daneben setzt sie sich für ein Recht auf gesunde Lebensmittel, dezentrale Energieerzeugung sowie für ein Tierwohl-Label ein, bei dem die Produktionsbedingungen und der Preis für die Bauern festgeschrieben sind.

Ulrich Riediger, AfD

Der 64-jährige AfD-Kandidat findet, dass sich die "Politik der Altparteien" nicht nur von den Bürgerinteressen, sondern auch "von den grundgesetzlichen Regeln eines Rechtsstaates weitestgehend abgekoppelt" habe. Es gehe nur noch um Machterhalt. Das politische Ziel der AfD und damit auch sein eigenes sei es, "sich wieder für die Bedürfnisse der Bürger einzusetzen, politische Fehlentwicklungen zu korrigieren und Politik wieder auf die Grundlage von Rechtsstaatlichkeit und Grundgesetztreue zurückführen". Aufgaben für die Politik in seinem Stimmkreis sieht Riediger, in der PR-Branche tätig, viele: "Wohnungsnot, Verkehrskollaps, Energiekosten, Digitalisierung, Kinder- und Altersarmut, Kinderbetreuung, Bewältigung der Probleme, die durch unkontrollierte Massenimmigration entstanden sind, Wiederbelebung strukturschwacher Gebiete." Seine Partei werde die Prioritäten dort setzen, wo die staatlichen Maßnahmen "vor allem wieder unserer eigenen Bevölkerung zugutekommen".

Helmut Markwort, FDP

Der 81-Jährige will sich besonders für den Mittelstand, das Handwerk und die freien Berufe stark machen und sie "von übertriebener bürokratischer Belastung befreien". Für den Journalisten und ehemaligen Chefredakteur des Focus sind Infrastruktur und Mobilität entscheidende Zukunftsthemen. Markwort will die Gewährleistung einer flächendeckenden digitalen Infrastruktur für alle Haushalte und Unternehmen mit High-Speed-Internet in Form von Glasfasertechnologie bis in die Gebäude und einem leistungsfähigen Mobilfunk. Daneben werde er sich dafür einsetzen, den ÖPNV durch Streckenausbau, angemessene und gerechte Tarife, höhere Taktung und freies WLAN attraktiver und nutzerfreundlicher zu gestalten. "Bis die notwendigen zusätzlichen Strecken gebaut sind, müssen Omnibusse eingesetzt werden."

Bernhard Baudler, Die Linke

Der 58-jährige Gewerkschaftssekretär lebt in Schäftlarn und kandidiert für die Linke. Dem gebürtigen Niederbayer liegen besonders Gesundheit, Klimaschutz und Naturschutz am Herzen, "die Grundlagen eines guten Lebens für alle". Deshalb werde sich seine Partei für eine Verkehrs-, Agrar- und Energiewende stark machen. Persönlich wichtig seien ihm eine gute Bildung für alle, mehr Bildungsgerechtigkeit und gute Arbeitsbedingungen für alle Pädagogen. Als eine der größten Herausforderungen für seinen Stimmkreis wertet er die "massive Verringerung des motorisierten Individualverkehrs". Dazu müssten der ÖPNV und der Service für die Fahrgäste deutlich ausgebaut und verbessert werden, die Preise müssten sinken. Um ein gutes und bezahlbares Wohnen zu gewährleisten, fordert Baudler eine Deckelung der Bodenpreise, eine Mietpreisbremse mit Höchstgrenzen und die Abschaffung der Modernisierungsumlage.

Jörg Linke, mut-Partei

Der Weinimporteur, Jahrgang 1961, beklagt, dass die europäische Wertegemeinschaft von einem "globalen Raubtierkapitalismus" vereinnahmt und sowohl die soziale Marktwirtschaft wie auch die Solidarität unter den Völkern Europas in den Hintergrund gedrängt worden sei. Linke bezeichnet sich selbst als einen "in Bayern verwurzelten Weltbürger". Er fordert, dass sich die Politik "Gestaltungsräume zurückerobern und stärker steuernd Einfluss nehmen" müsse. Als drängendste Themen im Landkreis München betrachtet er bezahlbares Wohnen und eine umweltfreundliche Mobilität. "Ich werde mich deshalb vor allem für die Förderung von genossenschaftlichem, sozialem Wohnungsbau und gemeinwohlorientierten Wohnprojekten einsetzen." Neue und konsequente Mobilitätskonzepte nach dem Vorbild der Schweiz seien notwendig. Den Bürgern müsse es durch lokale Initiativen leicht gemacht werden, "individuellen Autoverkehr zu vermeiden".

Wilhelm Streit, ÖDP

Das Ziel, das dem TV-Journalisten besonders am Herzen liegt: "Die CSU muss aus dem Landtag und für den Schaden, den sie in allen Bereichen angerichtet hat, zur Verantwortung gezogen werden." Die Umwelt sei zerstört worden, das Klima ruiniert. Waffen würden mit staatlicher Vermittlung in die Welt verkauft und die Opfer als Wirtschaftsflüchtlinge verhöhnt. Rentner könnten nicht mehr von ihrer Rente leben. Die "teuer subventionierte Landwirtschaft" vergifte die Menschen, Glyphosat vernichte die Natur. "Und afrikanische Bauern verhungern, weil die EU mit billigen Resten Afrika überflutet." Es gelte aufzuräumen und in Ordnung zu bringen, um die schlimmsten Schäden zu beheben, lautet Streits Ansage. Im Landkreis seien der Flächenfraß, die kohlevergiftete Luft des städtischen Kraftwerks, "unbezahlbare" Wohnungen und die "aberwitzige Zerstörung der Zukunft" massive Probleme.

Albert Geiger, Bayernpartei

Albert Geiger stellt eine "deutlich bessere Bezahlung der Pflegekräfte aus dem Steuertopf, nicht durch höhere Beiträge" in seinen Fokus. Der Zahnarzt, geboren 1957, aus Straßlach-Dingharting fordert zudem wesentlich mehr Geld für häusliche Pflege durch Familienmitglieder. Er möchte die Wohnungsknappheit und die steigenden Mieten in München und im Umland "in den Griff bekommen". Zudem sollten keine Grundstücke zur Neuansiedelung von Industrie- und Gewerbebetrieben ausgewiesen werden, lediglich eine Erweiterung länger ansässiger Betriebe befürwortet er. Kommunale Grundstücke sollten nur "nachhaltig in Erbpacht und nur an Ortsansässige" vergeben werden. Auch der Ausbau des Nahverkehrs, "insbesondere der umweltfreundlichen, elektrifizierten und auch schienengebundenen Verkehrsmittel" ist ihm wichtig. Weiter fordert Geiger ein besseres Parkplatzangebot an den Haltepunkten öffentlicher Verkehrsmittel.

Silvia Schalamow, Liberal-Konservative Reformer

Die Diplom-Verwaltungswirtin aus Deisenhofen, Jahrgang 1957, tritt insbesondere für eine Beendigung der Eurorettungspolitik ein und fordert "gerechte Steuern für die Mitte der Gesellschaft mit dem Abbau der kalten Progression". Im Landkreis München fehle bezahlbarer Wohnraum für alle. Daher brauche es sozialen Wohnungsbau und die Förderung von Genossenschaftswohnungen. "Problematisch gestaltet sich der Anspruch auf Sozialwohnungen für Härtefälle durch die Voraussetzung der Ortszugehörigkeit von fünf bis zehn Jahren, zumal Eltern und Kinder meist in getrennten Städten leben."

Jürgen Preisinger, V-Partei³

Der Oberhachinger, Jahrgang 1962, kandidiert für die Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer. Seine Partei tritt dafür ein, die gesellschaftliche und politische Landschaft grundlegend zu verändern, die Menschen als Verbraucher zu schützen und zu unterstützen, Tiere zu achten, Klima und Natur zu erhalten und die Ursachen von Hunger, Krieg und Flucht auf der Welt zu erkennen und zu beseitigen.

Manuel Belas, Piratenpartei

Der IT-Consultant, 35, ist Direktkandidat einer Partei, die sich die Freiheit des Einzelnen auf die Fahnen geschrieben hat. Der Schutz der Privatsphäre und Gerechtigkeit in einer modernen Welt sind für die Piraten deshalb hohe Güter. Grundlegend wichtig sind laut Kreisverband München Land, dessen Schatzmeister der Unterhachinger ist, Bildung, Wissen und Kultur sowie der freie Zugang dazu. Informationelle Selbstbestimmung und Datensparsamkeit zum Schutz jedes Einzelnen seien wichtige Elemente ihrer Politik. Einen nachhaltigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen und eine dem Gemeinwohl dienende Infrastruktur bewerten die Piraten als zukunftsentscheidend für die Bürger.

Tom Gutbrod, Die Partei

Tom Gutbrod hat 2014 bereits als Bürgermeister in Unterhaching kandidiert. Jetzt ist er Direktkandidat für den Landtag und vertritt eine Partei, die Satire mit Protest verbindet. In Unterhaching erregte sie zuletzt Aufsehen, als der AfD-Kreisverband 2017 dort seinen Bundestagskandidaten kürte. Zusammen mit Anhängern der Partei verspeiste Gutbrod derweil das AfD-Parteiprogramm. Die Partei sieht sich als Gegenentwurf zu den etablierten Parteien.

© SZ vom 06.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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