Monodrama:Die Ordnung eines Messies

Lesezeit: 2 min

Foto: oh (Foto: N/A)

Doris Gruner schlüpft in die Haut von "Herrn Metitsch"

Interview von Stephanie Schwaderer

Ein Messie, "Herr Metitsch", eröffnet am Samstag, 18. November, das Geretsrieder PiPaPo-Festival, das heuer unter dem Motto "In der Nachbarschaft" steht. Die Titelrolle des Monodramas von Karin Strauß spielt eine Frau: Doris Gruner Die 48-jährige Münchner Schauspielerin ist Mitglied des Ensembles Lichtbühne.

SZ: Gibt es Dinge, die Sie nicht wegschmeißen können?

Doris Gruner: Definitiv! Ich könnte zum Beispiel niemals Fotos wegwerfen. Andere sammeln Zeitungen oder Magazine. Bei der Vorbereitung des Stücks haben wir im Ensemble festgestellt, dass das Thema uns alle betrifft: Jeder hat Dinge, die er nicht loslassen kann.

Herr Metitsch scheint ein besonderer Fall zu sein. Versinkt er im Chaos?

Überhaupt nicht. Er sieht um sich herum ja gar kein Chaos, vielmehr beherrscht er sein ausgeklügeltes System vollkommen und hält sich penibel an dessen Regeln. Sonst könnte er gar nicht überleben. Und deshalb kann er auch all die Aufregung nicht verstehen. Er ordnet die Dinge in seiner Umgebung nach Maßstäben, die für ihn völlig logisch sind.

Aber sie sind es nur für ihn?

Das ist das Problem. Sein Monolog ist an eine Betreuerin gerichtet, die ihm vom Amt geschickt wird. Die Behörde unterstellt ihm eine Unfähigkeit zu leben. Dieser Frau erklärt er seine Welt. Das Faszinierende daran ist: Dinge, die von außen betrachtet kaputt und überflüssig erscheinen, bekommen plötzlich eine Bedeutung. Zudem stellt er interessante Fragen: Wann schmeißen wir Dinge weg? Was passiert dann mit ihnen? Nichts löst sich in Nichts auf. Herr Metitsch hat eine traurige Geschichte, er hat seine Heimat verloren, ein Kind ist ihm abhanden gekommen. Aber zugleich ist er unglaublich witzig. Und man merkt schnell: Das ist kein alter Trottel, der da vor sich hin dümpelt. Das ist ein Mensch, der die Welt hinterfragt.

Müsste das Stück mit Ihnen in der Titelrolle nicht Frau Metitsch heißen?

Dann würde das Wortspiel mit hermetisch nicht mehr funktionieren. Ansonsten ist die Rolle nicht genderspezifisch festgelegt. Bei der Erarbeitung des Stücks mit Regisseurin Kerstin Weiler haben wir allerdings noch etwas Weibliches hineingebracht, das ein paar schöne Überraschungseffekte gibt. Es hat also durchaus Sinn, die Rolle mit einer Frau zu besetzen.

Fördert dieses Stück das Verständnis für chaotische Nachbarn?

Jede Rolle eröffnet einem Schauspieler ganz neue Horizonte, man lernt immer etwas dazu, entwickelt viel Verständnis für andere Lebensformen. Deshalb liebe ich meinen Beruf. Interessant ist es aber auch, wie die Zuschauer speziell auf dieses Stück reagieren: Bei der Premiere in der Pasinger Fabrik gab es einen Tisch mit Flyern von einer Initiative, die Hilfe für Messies anbietet. Die gingen weg wie nichts!

Ensemble Lichtbühne: "Herr Metitsch", Samstag, 18. November, Kulturbühne "Hinterhalt", Gelting, Beginn 20.30 Uhr, Einlass 19 Uhr, Produktionsleitung: Guido Verstegen, Regie: Kerstin Weiler; Karten zu 14 Euro im Vorverkauf bei Bücher Ulbrich und Sport Utzinger in Geretsried, Gummibärchenladen Wolfratshausen, Abendkasse 16 Euro, Reservierung unter gitti@hinterhalt.de; die Geretsrieder Kulturtage PiPaPo finden vom 18. November bis 26. November statt, alle Informationen zum Programm unter www.kulturverein-isar-loisach.de oder www.hinterhalt.de

© SZ vom 16.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: