Mitten in Wolfratshausen:Zwielichtige Fleischfresser

Lesezeit: 1 min

Fangen die hungrigen Pflanzen auch Spinnen? Und Nachbars Katze? Der Preis dafür ist zumindest unschlagbar

Von Wolfgang Schäl

Manchmal stehen wir als Verbraucher ratlos im Supermarkt und fühlen uns bei der Kaufentscheidung überfordert, es fehlt die qualifizierte Beratung, die uns von dem beherzten Griff ins Regal abhält oder uns Mut zuspricht und sagt: Mach es! So ist es uns soeben wieder ergangen, als wir grübelnd in einem namhaften Wolfratshauser Markt gestanden haben. Dort waren wir mit einem besonderen Aktionsangebot konfrontiert, das uns tief verunsichert hat: eine fleischfressende Pflanze für weniger als drei Euro! Um es gleich zu sagen: Wir konnten uns spontan nicht zum Kauf durchringen und wollten erst einmal abwarten, was der Experte zu so einer Anschaffung sagt, denn Leichtsinn ist hier wahrlich nicht angesagt.

Drängende Fragen waren es, die sich aufgetan haben: Wie schnell wachsen solche Pflanzen? Wie lange geben sie sich mit Mücken und Fliegen zufrieden? Fangen sie auch fette Spinnen, was für unsere ausgeprägte Arachnophobie natürlich von großem Vorteil wäre? Aber lassen sie womöglich auch schnell mal Nachbars Katze verschwinden? Was uns umtreibt, ist mithin die generelle Frage nach dem Beuteschema dieser zwielichtigen botanischen Wunderwesen: Würden die, bei entsprechend angespannter Ernährungslage, womöglich nachts, vom Blumenständer aus auf einen arglos schlummernden Journalisten im Ruhestand zugreifen, was natürlich nur aus volkswirtschaftlicher, nicht aber aus Sicht des Opfers zu begrüßen wäre?

In einer solchen Lage muss der Zeitungsmann recherchieren, und wir sind nach gründlichen Nachforschungen zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei dem nicht näher bezeichneten Sonderangebot vermutlich um die sogenannte Venusfliegenfalle handelt, ganz einfach, weil es die bekannteste Art fleischfressender Pflanzen ist und sich bei Blumenliebhabern große Sympathien erworben hat durch ihre angeblich "attraktiven Fangklappen", die aussehen wie Mäuler mit Haifischzähnen. Man kann, wie schon der Name suggeriert, aber auch andere Assoziationen an die Form der Blätter knüpfen.

Da wir nun schon dabei sind, referieren wir an dieser Stelle kurz die verschiedenen Fallenarten, die diese als Karnivoren bezeichneten Leckermäuler nicht unbedingt sympathischer machen. Es gibt Klebe-, Klapp-, Saug-, Reusen- und Fallgrubenfallen, die in ihrer Gesamtheit und in ihrer Perfektion das ganze Böse und Heimtückische dieser Welt auf sich vereinen.

Da wir uns nun dieser gemeinen Hinterhältigkeit vergewissert und in eine vermutlich deutlich erkennbare Abneigung hineingesteigert haben, ist mittlerweile nun doch unsere Kaufentscheidung gefallen: So was kommt uns nicht auf die Fensterbank!

© SZ vom 12.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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