Mitten in Wolfratshausen:Worsicht Schranke

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Wer aufmerksam durch die Stadt läuft, kann interessante Hinweisschilder entdecken

Von Wolfgang Schäl

Unser Land ist voller Hinweisschilder, die manchmal sinnvoll sind, manchmal nicht. Das ist auch in Wolfratshausen so. So gibt es neben der Loisachhalle eine eiserne Schranke, die Fahrzeuge an der Durchfahrt hindern soll. Die Barriere ist weithin erkennbar mit rot-weißen Warnstreifen lackiert, sodass selbst heranbrausende Radler und Autofahrer, die mit Kurzsichtigkeit geschlagen, volltrunken oder ins Gespräch vertieft sind, alarmiert sein müssten. Direkt auf der Eisenschranke ist aber eine zusätzliche Warntafel angeschraubt, auf der zu lesen steht, was offenkundig ist: "Vorsicht Schranke." Das ist gewiss gut gemeint, aber wir überlegen nun: Wenn jemand schon die riesige Schranke samt Alarmlackierung übersieht, kann er dann in Sekundenbruchteilen das Schild entziffern? Aha, müsste es ihm blitzartig durch den Kopf schießen, da ist ja ein Warnschild, und wenn da ein Warnschild ist, dann muss da auch ein bislang nicht wahrgenommenes Hindernis sein. Da sollte ich doch jetzt besser mal bremsen! Bis dahin aber ist es längst passiert. Ein Spaßvogel hat erkannt, dass diese redundante Fürsorglichkeit spezifisch für Wolfratshausen ist, und den Schriftzug mit dem Filzschreiber umformuliert zu: "Worsicht Schranke".

Ein anderes Schild, das immer wieder auffällt, hängt am Obermarkt auf Höhe des Anwesens Nummer 10. "Bitte keine Fahrräder anlehnen und nicht auf die Fassade klettern", heißt es da. Na gut, was die Fahrräder betrifft: Freundlich gegenüber umweltbewussten Kunden ist das nicht. Aber das Verbot, auf die Fassade zu klettern, ist schon bitter.

Denn die Wolfratshauser Stadtpolitik bietet viele Gründe, die Wände hochzugehen. Und was hätte man von dort oben nicht für einen vorzüglichen Blick hinunter auf die Marktstraße mit ihren leer stehenden Läden und hinüber ins Gewerbegebiet, zum neuen, riesigen, glitzernden Baywa-Palast, zu den drei Supermärkten, zum Getränke- und Blumencenter, wo es alles, alles, alles zu kaufen gibt! Dorthin freilich fährt niemand mit dem Rad. Und in Alarmfarben lackierte Schranken für uns Konsumenten gibt es dort auch nicht.

© SZ vom 10.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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