Mitten in Wolfratshausen:Teuflische Freuden

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Über den traditionellen Dreiklang zum Ausklang: Essen, Trinken, Böllern

Von Peter Haacke

Schon wieder ist das Jahr so gut wie vorbei - und das ist wohl auch gut so. Freilich werden einige Schlaumeier wieder fragen, ob das neue Jahr 2016 nun besser oder schlechter wird. Doch das wird einem dröhnenden Jahreswechsel nicht im Wege stehen: "Silvester soll ein Kracher werden", heißt es im Prospekt eines Discounters. Die letzten Stunden des Jahres scheinen in Deutschland einem traditionellen Dreiklang zu folgen: Essen, Trinken, Böllern.

Während ein festliches Abschlussmahl zum Jahresende gerade noch als politisch korrekt durchgehen dürfte, ist das bei Böllern und Raketen so eine Sache: Mal abgesehen von den Millionen Euro, die im wahrsten Sinne des Wortes verbrannt werden, ist die Öko-Bilanz verheerend. Allein an Silvester werden in Deutschland 4000 Tonnen Feinstaub freigesetzt - das entspricht etwa 15 Prozent der jährlich abgegebenen Feinstaubmenge. Und noch Tage später findet sich mit Chemikalien und Metallrückständen verseuchter Müll.

Doch auch dieses Jahr werden die Appelle zur Zurückhaltung an den meisten Zeitgenossen ungehört abprallen. Da mutieren brave Familienväter um Mitternacht zu wahren Zeremonienmeistern, und manch Jugendlicher wird sich als Sprengmeister profilieren. Ohnehin klingen die ganzen Böller-, Raketen- und Verbundsortimente recht kriegerisch. Die Hersteller setzen zumeist aufs Englische: mit den Schuss-Batterien "Shock Attack" oder "Thunderstorm", "Master of Fire" oder "Battleship". Weniger martialisch explodieren "Monsterblaze", "Monsterburner" und "Mystic Nights". "Devil's Dance" oder "Mephisto's Fire" verheißen teuflische Freuden . Andere Produzenten bemühen griechische Helden oder die Geografie von "Sydney" bis "Rio". Wie wohltuend klingen da "Reibknopfknaller nach Harzerart", "Böllerparade" oder "Stimmungskanonen". Die schönste Sprachkreation aber dürfte die Wunschrakete sein - "Verleihe deinem Wunsch Flügel" heißt es dazu im Werbeprospekt. Das wäre sogar was fürs Evangelische Hilfswerk, das ansonsten wieder auf "Brot statt Böller" setzt.

© SZ vom 31.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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