Mitten in Wolfratshausen:Süße Spuren

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Im Frühsommer lockt die erste Kugel Eis. Doch ohne klebrige Hände geht es nicht

Von Claudia Koestler

Endlich, hört man allenthalben sagen: Die Temperaturen sind nach langem Warten so, dass alle ins Freie strömen. Sie klappen die Cabrioverdecke hoch und füllen genüsslich die Straßencafés. Und ja, auch diejenigen sind zufriedener, die trotz der Sonne den Tag in einem Büro verbringen müssen. Immerhin: Für sie eignet sich jetzt der Blick aus dem Fenster wieder für Feldstudien in Sachen Menschen und weniger für Eisblumen-Arrangements.

Schweift der Blick in den Wolfratshauser Untermarkt, fällt auf: Im Frühsommer nehmen offenbar klebrige Hände einen festen Platz ein. Denn so gut wie keinem Passanten gelingt es, die ersten Kugeln Eis des Jahres tropffrei aufzuessen. Die einen ummanteln ihre Tütenwaffeln deshalb dick mit einem Dutzend Servietten. Andere setzen auf die Hinterlassung einer Tropfspur, wahlweise in Erdbeer-, Vanille- oder Schokoladenfarben. Das erinnert ein wenig an den Ariadnefaden in der griechischen Mythologie. Die Königstochter hätte also Theseus also offenbar auch einen Berg Stracciatella- oder Malaga-Kugeln mitgeben können ins Labyrinth. Aber ein Wollfaden wickelt sich natürlich leichter auf, sonst würde die Überlieferung heute vielleicht davon sprechen, dass der Held wohl was an der Waffel hatte. Statt in der Waffel.

Wie dem auch sei: Der Blick aus dem Fenster belegt die weitere Theorie, dass auch Eisbecher nicht vor klebrigen Händen schützen. Mal tropft es vom Löffel herab, mal suppt sich die Eissorte durch die Pappe. Zumindest sind auch die Becher-Schlecker mit permanentem Wischen beschäftigt oder hinterlassen eine Taschentuch-Orgie.

Keine pappigen Hände sind aber auch keine Lösung. Die einzigen, die bei dem Vergnügen manchmal ohne davon kommen, sind Kinder. Weil ihnen, ganz gleich ob in der Waffel, im Becher oder am Stiel, das Eis gleich nach dem ersten Schleck runterfällt.

© SZ vom 18.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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