Mitten in Wolfratshausen:Nicht mehr einsam

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Von Eisbergen und Schwänen auf der Loisach

Von LuZIE Gänslmayer

Eisberge auf der Loisach? Trotz der Kälte der vergangenen Wochen ist das wenig wahrscheinlich. Beim Überqueren des Sebastiani-Stegs in Wolfratshausen sieht man aber doch aus den Augenwinkeln einen kleinen Eisberg aus dem Wasser emporragen. Weiß und kantig. In der Kälte erstarrt. Er treibt am Steg vorbei, wackelt hin und wieder ein wenig. Dann kippt er plötzlich um. Es erscheint ein langer, weißer Hals, dann ein Kopf, der das kalte Wasser abschüttelt. Über einem orange-roten Schnabel blicken zwei schwarze Augen über die Loisach. Die Eisbergillusion entpuppt sich als ein an dieser Stelle bereits erwähnter Wasservogel: Es ist der einsame Schwan.

Einsam ist er aber zum Glück gar nicht mehr. Denn gleich neben ihm ragt ein weiterer weißer Hintern in die Höhe. Schwan Nummer Zwei hat den Hals noch im Wasser. Gründeln nennt man das: Die Schwäne tauchen ihre langen Hälse und den halben Köper ins Wasser und suchen den Boden nach Nahrung ab. Ob sich das in der Loisach lohnt? Bestimmt, sonst hätten die Vögel ihren Wohnort ja nicht auf den Fluss verlegt. Die tiefste Stelle von etwa drei Metern werden sie trotz ihrer langen Hälse zwar nicht erreichen. Fündig werden sie aber am Ufer, wo das Wasser nur wenige Zentimeter tief ist. Wählerisch sind die Schwäne eher nicht. Sie fressen Wasserpflanzen, Muscheln und Schnecken. Die langsam fließende Loisach eignet sich gut zum Gründeln - sie schwemmt die Vögel nicht so leicht weg.

Nun, da sie endlich zu zweit sind, treiben die anmutigen Vögel aber oft einfach nebeneinander her. Von einem Ufer zum nächsten. Dabei schweigen sie so vor sich hin. Die nicht besonders redseligen Tiere verstehen sich auch ohne Worte gut. Sinnen sie gemeinsam dem Märchen vom hässlichen Entlein nach? Oder macht ihnen gar der im Landkreis gesichtete Wolf Sorgen? Jedenfalls steigt das Schwanenpaar nur noch zu zweit ans Ufer. Wahrscheinlich aber genießen die Schwäne, völlig unbelastet von schweren Gedanken, einfach nur die Gesellschaft des anderen. Zusammen ist man schließlich weniger allein.

© SZ vom 16.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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