In Wolfratshauser Stadtratssitzungen geht es gemeinhin nüchtern zu. Zwar gibt es hin und wieder emotionale Statements und hitzige Diskussionen. Auf den Tischen im Saal stehen aber stets nur Flaschen mit Wasser, Saft oder ab und zu auch Coca Cola. Anders war das allerdings bei der ersten Sitzung nach der Sommerpause am Dienstag. Bevor die Stadträte in die Tagesordnung einsteigen konnten, ließ ihnen Bürgermeister Klaus Heilinglechner Wodka einschenken. Erst nach gemeinsamem Zuprosten und einem Stamperl auf Ex ging die Sitzung los.
Die klare Spirituose, die Claudia Holzer in die Stamperl goss, floss aus ukrainischen Halbliterflaschen. Heilinglechner hatte sie bei seinem Besuch in der Partnerstadt Brody vergangenes Wochenende von seinem dortigen Amtskollegen Anatolij Belej geschenkt bekommen, um daheim mit dem ganzen Stadtrat anzustoßen. Ein kleiner Geschmack dessen, was er beim Besuch der Partnerstadt zu bewältigen gehabt habe, sagte der Wolfratshauser Bürgermeister. Stadträtin Anette Heinloth (Grüne), die in Brody dabei war, erklärte, dass das ja noch harmlos sei. In der Ukraine müsse man schließlich immer mindestens dreimal trinken: einmal zum Start, dann auf die Freundschaft, dann auf die Liebe und die Frauen. "Beim vierten Mal trinkt man auf die Männer, alle weiteren Male stehen zur freien Verfügung."
Die Stadträte hoben ihre Gläser fürs Foto, kippten nach einem "Nasdrowje!" artig den Wodka hinunter und kauten dazu auf ukrainischem Weißbrot herum. Dann gingen sie wie gewohnt zur Tagesordnung über. Die wurde von dem klaren Wässerchen in keiner Weise getrübt. In der Sitzung verabschiedete der Stadtrat einstimmig einen Nachtragshaushalt mit überraschend hohen Einnahmen und Niedrigrekord bei den Schulden - und legte in erklärter Einmütigkeit aller Fraktionen den jahrelangen Streit um die Loisachhalle bei. Nasdrowje! Auf die Freundschaft!