Mitten in Wolfratshausen:Jugendfreier Kuss

Die deutsche Amtssprache liebt Wortungeheuer. Diese werden der Einfachheit halber dann abgekürzt, oft durchaus kurios

Von Konstantin Kaip

Die deutsche Sprache ist zuweilen etwas beängstigend. Zum Beispiel für Besucher aus fremden Ländern, die im malerischen Königsdorf auf einem Häuschen an der Hauptstraße in schnörkeliger altdeutscher Schrift "Örthopädieschuhmachermeister" lesen - ein Wortungetüm mit 28 Buchstaben. Zum Glück kommen wenige Touristen in den Wolfratshauser Stadtrat, wo gerade die - kurz Luft holen - Kindertagesstättenbenutzungsgebührensatzung auf der Tagesordnung stand.

Das Wort mit 43 Buchstaben kann einen schon sprachlos machen, glücklicherweise nimmt es aber beim Reden keiner in den Mund. In der Diskussion ging es also eher um Kindergartengebühren oder Kita-Preise. Ähnlich verfahren die Stadträte der Einfachheit halber auch mit dem Namen des Gremiums, in dem das Ganze vorberaten wurde: Der "Ausschuss für Kultur, Jugend, Sport und Soziales" wird dann eben zum Kulturausschuss. Die Stadträtin Annette Heinloth (Grüne) findet aber, dass die weiteren Dimensionen des Gremiums damit verloren gehen. Und deswegen regte sie eine Abkürzung im 80er-Jahre-Sponti-Stil an, so wie "Juskus". Das Wort steht für ein ähnliches Gremium in Geretsried, dessen eigentlichen Namen inzwischen niemand mehr kennt. Außerdem wäre er viel zu lang für die restlichen Zeilen dieser Kolumne.

Machen wir es kurz: "Kuss". Dieser Vorschlag von Fritz Meixner (SPD) ist wunderbar prägnant, kommt aber nicht in Frage, weil die Jugend fehlt. Schade.

© SZ vom 17.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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