Mitten in Wolfratshausen:Geschenkidee mit Tücken

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In der Loisachstadt sollen Brautpaare künftig einen Baumsetzling bekommen. Eine schöne Idee...oder?

Glosse von Konstantin Kaip

Angesichts des Klimawandels kann man gar nicht genug Bäume pflanzen. Diese Tatsache hat auch die Wolfratshauser CSU-Fraktion erkannt - und wollte sie mit einem symbolischen und irgendwie optimistischen Hochzeitsgeschenk verbinden: Alle Brautpaare, so die Forderung, sollen einen Baumsetzling bekommen, den sie dann im eigenen Garten oder, falls sie den nicht haben, auf städtischem Grund pflanzen können. Eigentlich eine schöne Idee.

In der Praxis aber birgt sie unüberwindbare Tücken, wie die Antwort auf die Anfrage im Stadtrat gezeigt hat. Bürgermeister Klaus Heilinglechner trug die ernüchternden Ergebnisse einer akribischen Recherche vor, die man an dieser Stelle gerne wörtlich zitieren würde, aus Platzmangel aber zusammenfassen muss. Also: In Wolfratshausen werden pro Jahr etwa 130 Paare getraut. Die öffentlichen Grünflächen aber sind begrenzt, zumal ein ausgewachsener Baum einen Platzbedarf von acht bis zwölf Metern Durchmesser hat. Hinzu kommt, dass die Setzlinge nicht bevorratet werden können, dafür gibt es weder Räume noch fachlich geschultes Personal. Und ein Bäumchen sollte mindestens einen Meter hoch sein, damit man es auch ohne forstliche Ausbildung so einpflanzen kann, dass es gedeiht. Heilinglechner hat daher bei einem großen Gartencenter gefragt, ob es auch Gutscheine gäbe. Klar doch, so die Antwort - wenn sie die Stadt vorab kauft und alle bezahlt, egal, ob sie eingelöst werden oder nicht. Kosten (bei etwa 15 Euro pro Baum): circa 1950 Euro im Jahr. Die örtliche Baumschule würde die Setzlinge sogar wöchentlich liefern, allerdings für 40 bis 50 Euro pro Stück. Die könnten dann auch als Zimmerpflanze gehalten werden. Für diese Variante wären allerdings 6500 Euro im Jahr fällig.

Das alles war dann selbst den größten Romantikern zu kompliziert. Der Bürgermeister machte daher einen Vorschlag: Alle Brautpaare werden zur jährlichen Aufforstungsaktion im Bergwald eingeladen, wo sie dann einen Baum pflanzen und dessen Patenschaft übernehmen können. Tolle Idee, fanden alle, inklusive der CSU. Der Vorschlag von Grünen-Stadtrat Rudi Seibt, auch alle Eltern einen Baum für ihr Kind pflanzen zu lassen, wurde indes geflissentlich überhört. Schließlich gibt es inzwischen rund 700 Geburten pro Jahr in der Kreisklinik.

© SZ vom 15.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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