Wir sind mittendrin im Fasching und merken fast nichts davon. Selbst ausgewiesene Frohnaturen im Oberland ignorieren Plakate in den Straßen und Perücken in den Geschäften, die einen mit der (Papp-)Nase auf die närrische Zeit stoßen. Beim Fernsehen kann schnell weggedrückt werden, wenn man sich aus Versehen in eine Prunksitzung gezappt hat. Und überhaupt: Wer nicht aus dem Rheinland kommt (oder keine Kinder hat), kann sich aus dem Karneval komplett raushalten. Na gut, so ganz auch nicht, denn nur jetzt gibt es so viele Krapfenvarianten und nur jetzt schmecken sie wirklich. Ansonsten geht die fünfte Jahreszeit aber spurlos an uns vorüber.
Es gibt sogar Menschen, die nicht fünf, nicht mal vier, sondern nur zwei Jahreszeiten kennen. Sie arbeiten für ein Foto-Studio in Wolfratshausen. Im Schaukasten präsentieren sie ihre Lichtbilder und damit ihre Weltsicht. Bis vor wenigen Tagen war noch Weihnachtszeit, schon von Herbst an waren dort knuddelige Babys und fröhliche Familien zur Schau gestellt - als Anregung, sich doch als Geschenk für die Oma, den Opa oder die Patentante ablichten zu lassen. Jetzt aber beginnen die wichtigsten Monate im Leben eines Fotografen. Wenn Frühling und Sommer nicht mehr weit sind, fühlen sich viele Paare vom Standesamt magisch angezogen. Es wird geheiratet. Und diese Momente unendlichen Glücks sollen für die Ewigkeit festgehalten werden, natürlich vom Fachmann. Deswegen wirbt dieser mit Bildern von strahlenden Paaren im Grünen.
Bei dem m Anblick beschleicht den Betrachter allerdings das Gefühl, dass so eine Hochzeit zuweilen recht viel mit dem Fasching zu tun haben kann.