Mitten in Wolfratshausen:Finsternis - Teil der Installation

Mehr verstecken als zeigen - so könnte das Motto der Stadt für die Kunstmeile lauten

Von Barbara Briessmann

Wolfratshausen leuchtete - mit Verspätung. Die Dunkelheit war am Freitagabend schon über die Stadt hereingebrochen, als die Straßenbeleuchtung anging. Das könnte man dem Rathaus anlasten, sogar davon sprechen, dass sich die Verwaltung aus der Kunstmeile raushält, sich nicht einbringt in die Veranstaltung vor der eigenen Tür. Nein, ganz falsch. Das war Teil der Installation! Wolfratshausen als Gesamtkunstwerk. Die Stadt hat gezeigt, wie kunstsinnig sie ist, dass sie Strömungen erkannt hat und diese konsequent umsetzt. Mehr verstecken als zeigen, lautet das Motto. Und das zieht!

Wer hat sich jemals wirklich mit dem Anblick des Berliner Reichstagsgebäudes auseinandergesetzt, bevor Christo es zusammen mit seiner Frau Jeanne-Claude verhüllt hat? Eben. Konturen verwischen, das schafft das Dunkel am besten. Was entsteht, ist - wie es Kunstkritiker formulieren würden - eine besondere Intimität zwischen Betrachter und Werk. "Niemand kann diese Projekte kaufen, niemand sie besitzen, niemand kommerzialisieren, niemand kann Eintritt für ihre Besichtigung verlangen - nicht einmal uns gehören diese Werke", so formuliert Christo seine Kunst. "Unser Werk handelt von Freiheit, und Freiheit ist der Feind allen Besitzanspruchs, und Besitz ist gleichbedeutend mit Dauer. Darum kann das Werk nicht dauern." In Wolfratshausen waren es auch nur wenige Minuten, bis die Erleuchtung kam. Jedenfalls sind wir schon gespannt, welches Licht der Stadt für die nächste Kunstmeile aufgeht.

© SZ vom 28.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: