Mitten in Wolfratshausen:Erstaunliche Pflichterfüllung

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Manchmal muss ein Journalist nur eines erfüllen: als Chronist zugegen sein. Ob es ihm und den Lesern gefällt oder nicht

Von Wolfgang Schäl

Zuerst die wichtige Nachricht: Der Wolfratshauser Hauptausschuss, das Gremium für die Finanzen der Stadt, hat in dieser Woche einstimmig das Protokoll der Ausschusssitzung vom 5. April 2016 genehmigt. Wortmeldungen, Diskussionen und Einwendungen hierzu gab es nicht. Dies muss insofern erwähnt werden, als die Genehmigung des Protokolls der einzige Punkt des öffentlichen Teils der Tagesordnung war, sodass sich der Andrang der lokalen Presse erkennbar in Grenzen hielt, um nicht zu sagen: Wir waren als einzige Zeitung vor Ort, wiederum sehr zur Verwunderung der Ausschussmitglieder, die über so viel journalistische Pflichterfüllung nur staunen konnten.

Die öffentliche Debatte war nach geschätzten 45 Sekunden beendet, und es war, soweit wir uns erinnern können, die kürzeste Sitzung in mehr als 30 Dienstjahren als Berichterstatter. Wir verschweigen an dieser Stelle geflissentlich, dass die Tagesordnung, die uns die Redaktion schicken wollte, offenbar irgendwo im weltweiten E-Mail-Netz verloren gegangen ist, sodass wir unseren Posten auf der Pressebank zwar mit gespitztem Bleistift und gespannter Erwartung, aber in gänzlicher Unkenntnis der inhaltlichen Lage bezogen haben. Aus dieser leidigen Nummer wieder herauszukommen, ist nun nachträglich nicht so einfach, aber wir haben die kleine organisatorische Panne ja nur hinter vorgehaltener Hand erwähnt.

Und so berufen wir uns jetzt umso lauter auf die journalistische Präsenz- und Sorgfaltspflicht, die es uns auferlegt, nicht nur überall zu sein, wo etwas Wichtiges passiert, sondern auch da, wo etwas Wichtiges passieren könnte. Und was kann zwischen so streitbaren Bürgervertretern wie den Wolfratshauser Stadträten nicht alles in Minutenschnelle abgehen, da es doch selbst in Parlamenten wie jüngst dem türkischen immer wieder mal zum Handgemenge kommt? Nein, wir bleiben dabei: Es war gut und richtig, dass wir an der zugegeben kurzen Sitzung teilgenommen haben, und dass wir darüber berichten, auch wenn der einzige Erkenntnisgewinn für den Leser vielleicht darin besteht, dass öffentliche Sitzungen im Wolfratshauser Rathaus verdammt schnell vorbei sein können.

© SZ vom 06.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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