Mitten in Wolfratshausen:Entgegengesetzte Liebe

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Was es mit einem weißen Kreidestrich und einem amourösen Verkehrsverstoß in Weidach auf sich hat

Kolumne von Florian Zick

Wegen der Großbaustelle am Floßkanal ist die Loisachbrücke in Weidach nun schon seit einiger Zeit eine Einbahnstraße. Das haben am Pfingstmontag auch die vielen Motorradausflügler mitbekommen, die in Richtung Süden unterwegs waren. Kaum hatten sie den Lenker eingeschlagen, mussten sie ihn auch schon wieder rumreißen. Ups, da kann man momentan ja gar nicht drüberfahren. Um nun aber auf das eigentliche Kernthema zu sprechen zu kommen: Die Liebe interessieren offenbar keine Verkehrsregeln. Oder um es so zu sagen, wie es bestimmt in Abertausenden von Schlagertexten heißt: Die Liebe findet ihren Weg - auch wenn sich ihr der Haltebalken eines Einfahrtsverbotsschilds drohend entgegenstemmt.

Seit dem Wochenende führt durch Wolfratshausen jedenfalls mal wieder ein massiver Kreidestrich. Im südbayerischen Raum ist es Tradition, dass auf diese Weise zwei Liebende enttarnt werden, die von sich aus nicht so recht mit der Sprache herausrücken wollen. Dann legen die Burschenvereine konspirativ los und ziehen des Nächstens eine weiße Linie auf die Straße, beginnend beim Wohnsitz des einen und endend beim Wohnsitz des anderen.

Im konkreten Fall geht es dieses Mal um einen Maxi und eine Jenni, so haben es die Liebesanbahner unter Missachtung des "Lady first" vor eine Garage im Leitenweg gekritzelt. Der Kreidestrich schlängelt sich dabei von Icking die Serpentinen am Bergwald herunter. An der Weidacher Brücke biegt er links ab, missachtet dabei die Einbahnregelung, überquert in falscher Richtung die Loisach und läuft bis zum Friedhof fast die gesamte Weidacher Hauptstraße herunter.

Erfahrungsgemäß wird der kleine Gesetzesbruch noch einige Zeit lang zu sehen sein. Der Regen wischt die Kreidemarkierung zwar irgendwann weg. Dafür braucht es aber schon mehr als nur einen einzigen Schauer. Was das nun für die Liebe zwischen Jenni und Maxi bedeutet? Zumindest den Wunsch kann man überbringen, dass es nicht in falscher Fahrtrichtung weitergeht.

© SZ vom 02.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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